Stellungnahme zur aktuellen Situation
bei Hertha BSC

Die langen zwei Jahre der Corona-Pandemie haben uns leider keinen wirklichen Wandel bezüglich der sportlichen Situation unserer Hertha beschert. Sahen wir die Mannschaft im Frühjahr 2020 aufgrund fataler Defizite in der Defensive bedrohlich in Richtung der Abstiegsplätze schlittern, konnte die Saison nicht zuletzt dank einer starken Phase nach der Wiederaufnahme des Spielbetriebs vor leeren Rängen auf einem soliden 10. Tabellenplatz beendet werden. Mit dem Abstieg schien unsere Alte Dame also erstmal nichts zu tun zu haben.

In der nächsten Spielzeit sollte es dann erneut steil bergab gehen. Nachdem die gesamte Mannschaft sich am Ende für zwei Wochen in Quarantäne befand, wurde im Saisonendspurt durch den Einsatz von Pal Dardai und Zecke von sechs Spielen nur eines verloren und unsere Hertha beendete die Spielzeit auf Platz 14 mit zwei Punkte Abstand auf den Relegationsplatz.

Und auch in dieser Saison steht unsere Hertha zum dritten Mal in Folge unten drin. Nach der 1:2-Niederlage in der letzten Woche in Leverkusen sind wir wieder auf einen direkten Abstiegsplatz abgerutscht. Sportlich ging es also alles andere als voran in den letzten Jahren und auch darüber hinaus gibt es so einiges an Unruhe um unsere Hertha. Unser Verein macht sich öffentlich zum Gespött. Hertha BSC nimmt inzwischen bei der Kommerzialisierung unseres Sports eine tragende Rolle ein. Die sportliche Situation führt zu einer ungebremsten Fortführung des Trainerverschleißes und auch in der Führungsebene herrscht ständig Fluktuation. Hertha BSC ist leider das absolute Gegenteil von Konstanz und Ruhe. Erschwerend kommen die immer aggressiveren Töne des Investors hinzu, dessen Machtabsichten immer offener zutage treten.

Der Einstieg von Lars Windhorst im Sommer 2019 stellte für uns eine Hiobsbotschaft dar. Er investierte bis heute insgesamt knapp 375 Millionen Euro in unsere Alte Dame und sicherte sich somit ein stattliches Stück der Anteile an der Hertha BSC GmbH & Co. KgaA, also der ausgegliederten Profifußball-Abteilung. Wie wir es von der Berliner Presselandschaft gewohnt sind, wurde schnell von einem Angriff aufs internationale Geschäft fabuliert. Dieser Quatsch wurde von Lars Windhorst auch kräftig mit befeuert, obwohl die Realität spätestens in der Winterpause 19/20 ganz klar Abstiegskampf bedeutete. Dass Hertha trotz dieses Investments aufgrund von sowohl Fehlinvestitionen als auch Altlasten nach wie vor in einer ganz anderen finanziellen Liga spielte als wirklich große Klubs, wurde gekonnt ausgeklammert.

Es wurde von Anfang an eine strikte Trennung propagiert. Lars Windhorst investiere lediglich das Geld, in das sportliche Geschäft werde er sich hingegen nicht einmischen. Dass dem nicht so sein werde, zeigte sich sehr schnell. Schon nach nicht einmal einem halben Jahr wurde mit Jürgen Klinsmann ein enger Vertrauter des Investors auf den Trainerposten berufen. Jürgen Klinsmann hatte außer seinem Namen kaum etwas zu bieten. Unsere Hertha geriet nach dem Jahreswechsel in einen Abwärtsstrudel und nach nicht einmal drei Monaten verabschiedete sich Klinsmann via Social Media von Hertha BSC. Offensichtlich forderte er weitreichende Befugnisse für sich als Trainer, womit ein Vertrauter des Investors im sportlichen Bereich allmächtig gewesen wäre.

Mit den Millionen, die Lars Windhorst bereitgestellt hatte, wurde auf dem Transfermarkt mächtig um sich geworfen und jegliche finanzielle Disziplin, die Hertha BSC lange Zeit ausgezeichnet hatte, vollkommen vergessen. Stattdessen genossen die Verantwortlichen scheinbar den vermeintlichen Glanz neuer Rekordablösesummen und neuer Rekordgehälter. Auf ein Konzept hatte in der Kaderplanung offenbar keiner geachtet und so ging die sportliche Entwicklungskurve trotz enormer Investitionen weiterhin nur in eine Richtung: Nach unten! Denn der teuer zusammengebastelte Kader hatte nach wie vor viele Schwachstellen. Fehlende Führungsspieler wurden als ein Problem für den sportlichen Niedergang ebenso verantwortlich gemacht wie zu starke Umbrüche aufgrund zu vieler Wechsel in jeder Transferperiode – was die Verantwortlichen jedoch nicht davon abhielt weiterhin munter in jeder Transferperiode riesige Kaderumbrüche stattfinden zu lassen. Wie sich so eine eingespielte Mannschaft finden soll, ist fraglich.

Von den hunderten Millionen investierten Euro ist heute wohl nur noch wenig übrig. Teure Fehleinkäufe, neue Rekordgehälter standen auf der einen Seite. Auf der anderen stand die Corona-Pandemie, die aufgrund von Zuschauerbeschränkungen im Rahmen von Geisterspielen oder einer Maximalauslastung des Olympiastadions mit 25.000 Zuschauern ebenso Löcher in die Kassen spülte. Während deutschlandweit gelockert wurde und Spiele teilweise schon wieder vor recht vollen Stadien ausgetragen wurden, wollte das Land Berlin offensichtlich zu den restriktivsten Bundesländern gehören und hielt beinahe die gesamte Zeit eine Kapazitätsbeschränkung von zunächst 3.000 Anwesenden und später 25.000 Zuschauern aufrecht. Aufgrund der unterschiedlichen Größe der Stadien in Berlin war Hertha BSC hiervon deutlich stärker betroffen als andere Fußballvereine. Hertha zahlte also die teure Stadionmiete für das landeseigene Olympiastadion und konnte das Stadion zeitgleich nicht mal annähernd füllen. Es gehört zur Wahrheit dazu, dass diese Wettbewerbsverzerrung Hertha BSC getroffen hat. Dies soll aber keinesfalls davon ablenken, dass die Hauptschuld für die Entwicklung bei den Verantwortlichen von Hertha BSC sowie in der Entscheidung der Partnerschaft mit einem unseriösen Investor zu suchen ist. Trotz der investierten Summe hat Hertha BSC es vollbracht, durch mangelnde finanzielle Disziplin, Größenwahn und eine katastrophale Kaderplanung so angeschlagen zu sein, dass der Verein staatliche Corona-Hilfen in Höhe von 7 Millionen Euro bewilligt bekam. Eine Bittstellerposition die auf vergangenen Mitgliedersammlungen noch zurückgewiesen wurde.

Diese finanzielle Notsituation wird vom Investor nun schamlos ausgenutzt, um vereinspolitisch Druck auszuüben. Dass Lars Windhorst sich nicht aus den sportlichen Belangen heraushält, war spätestens nach dem Intermezzo mit Jürgen Klinsmann klar. Dazu ist er seit Beginn seines Investments ständig medial präsent und setzt Ziele wie das Erreichen der Champions League, während die Profifußballer von Hertha BSC gegen den Abstieg kämpfen. Lars Windhorst hat von Anfang an kein Geheimnis daraus gemacht, dass es ihm um Macht in unserem Verein geht. Öffentlichkeitswirksam hat er sich nun mit dem Präsidenten Werner Gegenbauer überworfen und bekanntgegeben, dass er von der Mitgliederversammlung des Hertha BSC e.V. dessen Abwahl einfordert. Wenn ein Handlanger von Lars Windhorst neuer Präsident wird, dann ist er bereit, weitere Millionen in Hertha BSC zu investieren. Und dann kommt auch der große Erfolg – ganz sicher.

Werner Gegenbauer wiederum ist seit einer gefühlten Ewigkeit Präsident des e.V.. Er hat es in all den Jahren nicht vollbracht, dass Hertha BSC in Berlin in irgendeiner Form positiv wahrgenommen wird. Es ist ihm als oberstem Vertreter unserer Hertha in mehreren Jahren nicht gelungen, eine Lösung für die Standortfrage bezüglich des Neubaus eines Herthastadions zu erreichen. Das Tischtuch zwischen Hertha BSC und der Berliner Landespolitik, von der Hertha BSC für den Bau auf einer öffentlichen Fläche dummerweise abhängig ist, war stattdessen nach der einseitigen und unabgesprochenen Veröffentlichung des Vorhabens von Hertha BSC, bis zum 25. Juli 2025 ein eigenes Stadion im Olympiapark zu bauen, komplett zerschnitten. Jegliche Fortschritte im Hinblick auf eine Einigung auf einen Standort sind daher zuallererst der ehrenamtlichen Netzwerkarbeit von Herthafans der Initiative Blau Weißes Stadion zu verdanken. Diese mussten in einem langwierigen Prozess Politik und Hertha überhaupt erst wieder an einen Tisch bringen.

Gegenbauer hat über Jahre hinweg, trotz zweier Abstiege und trotz des sportlichen Niedergangs der letzten Jahre, bis zum letzten Moment sein persönliches Schicksal als Präsident mit dem Schicksal unseres langjährigen Geschäftsführers Sport Michael Preetz verknüpft und nicht nur deshalb eben jene Entwicklung mitzuverantworten. Preetz war – unbeschadet seiner Errungenschaften für Hertha BSC als Spieler – als Geschäftsführer Sport vollkommen ungeeignet, wie ein Blick auf die Bilanz unserer Hertha während seiner Amtszeit zeigt. Auch über die sportliche Situation hinaus schaffte es der Verein unter der Führung von Gegenbauer nicht in ruhige Gewässer und war viel zu häufig Spielball der Berliner Journaille bzw. ließ sich von dieser treiben. Dabei rissen die Vorwürfe der Machtklüngelei unter seiner Führung nicht ab. Das Vereinsleben fand immer weniger statt. Zählbare Erfolge gab es weder auf noch neben dem Platz zu vermelden. Die wachsende Unzufriedenheit mit Präsident Gegenbauer zeigte sich nicht zuletzt in seinem verheerenden letzten Wahlergebnis im Herbst 2020, als er ohne Gegenkandidaten nur knapp über 50% der Stimmen der Mitglieder erhalten konnte.

Nun steht im Mai die nächste Mitgliederversammlung an. Ein Weiter so kann es bei Hertha BSC unseres Erachtens nach nicht geben. Deshalb ist für uns als Harlekins Berlin ’98 klar, dass es einen umfassenden Erneuerungsprozess im Verein geben muss – angefangen an der Spitze. Gleichzeitig lassen wir uns nicht von einem Investor vor den Karren spannen, der als letztes die Interessen unserer Hertha, sondern lediglich die möglichst hoher wirtschaftlicher Kennzahlen, sowie andere persönliche Interessen wie Imagepflege verfolgt. Für einen sinnvollen Kurswechsel bei Hertha BSC sind daher zwei Forderungen essentiell:

Windhorst und Gegenbauer raus!

Nur so kann der Grundstein für eine Entwicklung im Verein gelegt werden, die am Ende dazu führt, dass wir uns alle wieder mit unserer Hertha identifizieren können. Die personellen Veränderungen sind jedoch für uns nur der notwendige Anfang. Viel zu häufig sahen wir uns in den letzten Jahren gezwungen gegen die Vereinsführung in welcher Form auch immer zu protestieren. Eine Vielzahl von Problemen beutelte unseren Verein auch schon vor dem Einstieg des Investors. Diese nun noch einmal alle aufzulisten sparen wir uns, allerdings ist für uns klar, in welche Richtung sich unser Verein entwickeln muss.

Hertha BSC muss es endlich schaffen, nicht nur junge Spieler hervorragend auszubilden, sondern diese auch langfristig an den Verein zu binden. Wichtig ist hierbei auch neben der immer wieder zu Recht gelobten sportlichen Ausbildung die Bildung der Persönlichkeit nicht zu kurz kommen zu lassen. Social Media mag eine Realität heutzutage sein, es ist jedoch nicht die Wirklichkeit. Sein statt Schein und das Fokussieren auf Wertevermittlung anstatt auf Selbstdarstellung sollten im Vordergrund stehen.

Hierfür müssten jedoch sämtliche Angestellte des Vereins nach diesem Credo handeln. Denn auch in der Außendarstellung und der Führungsebene ist das tugendhafte, ruhige Arbeiten ein hehres Ziel, dass es endlich zu erreichen gilt. Hertha BSC ist der bedeutendste Verein, den diese Stadt hervorgebracht hat. Als solcher sollte er zwar selbst-, aber eben auch verantwortungsbewusst agieren – sowohl im Umgang mit der Stadt, als auch mit seinen Partnern. Traditionspflege und eine gesunde Zukunftsvision ohne Start-Up-Image und Zugezogenen-Fokus sollten mehr in den Mittelpunkt gerückt werden.

Zu den Themen Verwurzelung in der Stadt und Bindung an den Verein haben wir uns an anderer Stelle bereits umfassend geäußert. Zur Wahrheit gehört hier aber auch, dass gerade für letztere eine ansprechend und anständig auftretende Mannschaft für viele Menschen von Bedeutung ist. „Ansprechend“ ist hierbei nicht zu verwechseln mit den Wunschträumen mancher Fantasten, in zwei Jahren um die Meisterschaft mitspielen zu wollen. Es bedeutet vielmehr, dass wir uns eine Mannschaft wünschen, die eine klare Spielphilosophie besitzt und traditionelle Werte wie Kampfgeist, Aufopferungsbereitschaft und den unbedingten Willen, als Gemeinschaft selbst gesteckte Ziele zu erreichen, vertritt. Darüber hinaus ist der Respekt vor denjenigen, die diese Werte bereits vorleben – uns Fans – elementar.

Eine solche Mannschaft und eine entsprechende sportliche Entwicklung können jedoch denklogisch nur das Ergebnis entsprechend im Verein vorgelebter Werte sein. Hierfür ist es unabdingbar, dass eine grundlegende Erneuerung angestoßen und umgesetzt wird, damit die verschiedensten Klüngeleien und Machtspielchen endlich ein Ende haben und unser Verein wieder zu alter Größe zurückfindet.

Harlekins Berlin ’98 im April 2022