Aktuelle Situation zwischen Vereinsführung und der aktiven Fanszene

Hallo Herthaner!
Jeder von euch dürfte mittlerweile mitbekommen haben, dass zwischen den Ultragruppen und großen Teilen der Fanszene auf der einen und der Geschäftsführung unseres geliebten Vereins auf der anderen Seite, seit geraumer Zeit einiges im Argen liegt. Doch, warum ist das so? Warum reißen die Proteste seit langer Zeit nicht ab und warum werden sie seit eineinhalb Jahren immer medienwirksamer und stärker vorgetragen? Warum gibt es zu so gut wie jedem Spiel kritische Spruchbänder, egal ob sie genehmigt wurden oder nicht? Weil uns der Verein am Herzen liegt, weil die blau-weiße Fahne unseren Lebensmittelpunkt darstellt und wir nicht zusehen können, wie sich dieser Verein immer mehr in die für uns völlig falsche Richtung entwickelt! Als mündige Vereinsmitglieder sehen wir uns in der Pflicht, Fehler aus der Vergangenheit anzusprechen und neuen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken. All das geht am besten in einem ehrlichen Dialog mit allen Beteiligten. Diesen Dialog haben wir lange Zeit mit dem Verein geführt. Viele Themen haben wir angestoßen, so stammt beispielsweise ein Großteil der Fanartikel, die regen Absatz über die Jahre gefunden haben, aus unserer Feder. Die größte Errungenschaft dürfte aber zweifelsfrei die Kampagne „Fahne Pur!“ zur Wiedereinführung unserer Herthafahne als Logo und Aushängeschild des Vereins gewesen sein. Sie zeigt beispielhaft auf, wie kontinuierliche Arbeit Früchte tragen kann, wenn sie denn ernstgenommen wird. Dabei startete sie genauso, wie die letzte Kampagne „Nur echt in Blau-Weiß!“ oder die aktuelle „In Berlin nur Hertha – Hertha nur in Berlin!“, im Stadion. In unserem Wohnzimmer!

Fahne Pur!“ war damals ein großer Schritt in Richtung eigener Vereinsidentität. Diese Identität ist ein Ziel, welches Hertha öffentlichkeitswirksam seit Jahren sucht. Im Verein selbst wurde in den letzten zwanzig Jahren allerdings wenig bis gar nichts für dieses Ziel getan! Sehen wir uns nur mal die jüngere Trikotgeschichte an. Trotz intensiver Gespräche, in welchen wir immer wieder die elementare Bedeutung der Vereinsfarben und des blau-weiß gestreiften Heimtrikots für die Identität eines jeden Herthaner betont haben, kramte die Geschäftsführung in Kooperation mit dem Ausrüster stets neue Versuche hervor, um irgendetwas „neues und abgefahrenes“ zu kreieren. Sei es das gelbe Auswärtstrikot, das Brasilientrikot, der unsägliche Adler oder zuletzt das pinke Ausweichtrikot. Stets versuchte der Verein „neue Akzente“ zu setzen, die jedoch allesamt in die Hose gingen. Diese Peinlichkeiten setzten sich im Fanshop fort, in welchem man den absoluten Durchschnittsschrott kaufen kann, welchen es bei jedem anderen Bundesligaverein zu kaufen gibt. Dabei ist die Berliner Geschichte so reich an vermarktungsfähigen Bezugspunkten, wie sie nahezu keine andere Stadt hat und so könnte beispielsweise der Gartenzwerg durch den guten, alten Leierkastenmann ersetzt werden. Auch hier wurde jahrelang mit dem Verein zusammen gearbeitet und auch einiges aus der Fanszene übernommen. Aufgrund immer wiederkehrender Arschtritte, z.B. in Form von pinken „Damenschals“, auf die mehrmals hingewiesen wurde, fehlte jedoch den Vertretern der Fanszene irgendwann der Nerv dafür und die Zusammenarbeit auf dieser Ebene, wurde von unserer Seite aus beendet.

Die planlose Suche nach der eigenen Identität reduzierte sich jedoch nicht nur auf Schals, Trikots oder Trainingsbekleidung. Denn spätestens mit der Qualifikation für die Champions League 1999/2000 erwachte der Traum von einer Fußballmacht in Deutschlands Hauptstadt. Herthas Verantwortliche änderten das Logo und damit auch den Namen unseres Vereins und begannen so gut wie jedes Jahr eine neue Imagekampagne, mit mal mehr oder weniger eingängigen Sprüchen, zu initiieren. Zentrale Themen, welche die Herthaner bewegten und die für eine nachhaltige Verankerung in der Stadt und eine Identifikation der Stadt mit dem Verein von Bedeutung gewesen wären, vernachlässigte man. Und das teilweise bis heute! So ist es zwar schön, dass das Gründungsschiff endlich in „unseren“ Händen ist, aber wie lange musste dafür gekämpft werden, bis sich einzelne Präsidiumsmitglieder der Sache mal annahmen? Und was soll jetzt damit geschehen? Als elementarer Teil der Geschichte unseres Vereins wäre früher oder später ein Platz im Vereinsmuseum angebracht, wenn es denn ein Museum gäben würde! Auch das ist ein Punkt, der auf nahezu jeder Mitgliederversammlung zu Recht kritisiert wird, Bewegung kommt dadurch aber nicht in die Sache. Wie auch, betreibt die Geschäftsführung des Vereins doch erst seit weniger als drei Jahren überhaupt aktiv ein Vereinsarchiv, aus welchem ein solches Museum hervorgehen könnte. Zuletzt ruhte sich die Vereinsführung auf der Ausstellung „125 Jahre Hauptstadtfußball“ aus, welche zwar für jeden Herthaner der dort war eine schöne Erfahrung war, aber doch nicht unser Anspruch als Aushängeschild der Stadt sein kann! Ebenso verrottete nach dem Abriss der Plumpe das alte Hertha-Domizil am Gesundbrunnen, wo bis vor kurzem noch alte Eintrittskarten und Mitgliedsausweise herumlagen, die nur deshalb gefunden wurden, weil Herthamitglieder dort danach suchten. Es ist eine Schande, wie die Vereinsführung mit der Geschichte unseres Vereins umgeht, wenn es nicht gerade um Dinge geht, die medienwirksam ausgeschlachtet werden können. Wer eine eigene Vereinsidentität kreieren möchte, der kommt an seiner Geschichte nicht vorbei!

Neben all diesen negativen Entwicklungen, gab es aber auch Positives in der jüngeren Vereinsgeschichte. Exemplarisch stehen hierfür die Kieztouren der Profis und die Idee der Partnerstädte. Exemplarisch deshalb, weil sie einerseits ein kleiner Versuch waren, Hertha innerhalb der Stadt und der Region zu verwurzeln. Andererseits sind sie exemplarisch für die aktuelle Richtung die der Verein eingeschlagen hat, da beide Beispiele diesem „neuen Weg“ zum Opfer gefallen sind. Die Kieztouren wurden vor Jahren komplett eingestellt, stattdessen fördert man jetzt lieber eine „E-Sport Akademie“. Und von den Partnerstädten hört man auch nichts mehr. Ganz selten verirrt sich Hertha noch für Testspiele in der Region und jedes Mal hört man von den Gastgebern, dass die Antrittsgage unserer Hertha für diese kleinen Vereine kaum zu stemmen ist. Ein fairer Umgang mit seinen Partnern sieht anders aus! Beide Gedanken, sowohl die Kieztouren als auch die Zusammenarbeit mit den Partnerstädten, müssten unserer Meinung nach wieder viel stärker aufgegriffen werden!

Dieses Wegrationalisieren von „Anfassbarkeit“ des Vereins passt jedoch nur zu gut in das aktuelle Konzept und letztlich auch in die vorigen Konzepte, waren beide doch nur „positive Ausrutscher“. Ein Thema nämlich, spielt bei der Geschäftsführung von Hertha BSC überhaupt keine Rolle und das ist die Nähe zu den Fans und zur Stadt. Es findet bei Hertha BSC so gut wie kein Vereinsleben statt! Alles was in diese Richtung geht, muss von der Fanszene initiiert oder komplett selbst gestemmt werden. Sei es das Thema Saisoneröffnung, Spieltagsheft oder Fanhaus. Alles Themen, die den Fans am Herzen lagen und liegen und wenn überhaupt, dann nur durch sie realisiert werden konnten. Trauriger Höhepunkt waren hier die Feierlichkeiten zum 125-jährigen Geburtstag unserer Hertha. Während die Geschäftsführung das Jubiläumsspiel organisatorisch komplett aus der Hand gab und so in erster Linie eine reine Kommerzveranstaltung stattfinden ließ, feierte sie lieber beim Champagner mit geladenen Gästen im Roten Rathaus. So sieht keine Fannähe aus! Erst Recht nicht, wenn von der Fanszene immer wieder Signale ausgesendet werden, dass man diesen einmaligen Tag gerne gemeinsam feiern würde. Gefeiert wurde natürlich trotzdem, in Eigenregie zusammen mit über 1.000 Herthanern auf einer Jubiläumsparty der Ostkurve Hertha BSC!

Anstatt sich für solche Themen zu interessieren und zu engagieren, investiert die Geschäftsführung lieber Millionen, um sich ein wie auch immer geartetes Image zu kreieren und macht dabei auch nicht vor der eigenen Stadtgrenze halt. Das Olympiastadion passt nicht zur neuen, hippen Hertha und wenn der Senat uns kein Grundstück gibt, dann gehen wir halt nach Brandenburg! Dieser Argumentationsstrang strotzt nur so vor Überheblichkeit und mangelnder Identität mit der Stadt Berlin. Wie soll sich diese Stadt mit diesem Verein identifizieren, wenn dieser Verein sich nicht mal mit dieser Stadt identifiziert? Parallel zu dieser, schon fast absurd anmutenden Diskussion rund um ein Stadion in Brandenburg knallt Hertha dann eine Tattoo-Dauerkarte raus, welche aus drei Elementen besteht. Eines davon ist übrigens das doch so atmosphärenlose und zu große Olympiastadion! Auch auf Nachfrage, konnte diesen Widerspruch keiner der Vereinsoberen so richtig erklären.

Es bleibt also wie so oft in den letzten Jahren der fade Beigeschmack, dass die Geschäftsführung gar nicht so richtig weiß, wo sie hin will. Hauptsache blind voran, hin zum „Image“, egal welches das sein mag. Diese Entwicklung halten wir für gefährlich, da sie nicht dazu führen wird dass neue Menschen ihre Liebe zu unserem Verein entdecken und nebenbei durchaus das Potential besitzt, die Herthaner zu vergraulen die regelmäßig ins Olympiastadion pilgern. Nicht nur die aktuellen Zuschauerzahlen bei den Heimspielen bestätigen unsere Vermutungen. Wir sehen es daher als unsere Pflicht an, gegen diese Entwicklung anzukämpfen! Lange haben wir dies im intensiven Dialog mit der Geschäftsführung selbst getan. Die letzten zwei bis drei Jahre haben uns jedoch dahingehend die Augen geöffnet, als dass ein Dialog auf Augenhöhe mit der aktuellen Geschäftsführung nicht möglich ist! Aufgrund dessen haben wir vor eineinhalb Jahren den Dialog abgebrochen und verweisen auf unsere Stellungnahme aus dieser Zeit.

Den Kampf haben wir jedoch nie aufgegeben und das werden wir auch in Zukunft nicht! Dafür ist uns Hertha BSC viel zu wichtig! Wir können unseren Verein nicht einer Geschäftsführung überlassen, die plan- und ziellos in die Zukunft steuert. Wir Herthaner müssen zeigen, dass wir es sind, die den Verein mit Leben füllen, jeder auf seine Art! Wir tun dies seit vielen Jahren mit verschiedenen Kampagnen. Die „Fahne Pur!“ ist wohl das beste Beispiel dafür, dass Mitglieder und Fans im eigenen Verein mitgestalten können und müssen. Werdet Hertha-Mitglied, erhebt eure Stimmen und werdet aktiv! Hertha findet in den Kiezen, den Kneipen, den Schulen und natürlich im Stadion statt! Nicht auf Twitter, Facebook oder sonst wo! Hertha ist die Ostkurve, Hertha ist 125 Jahre Fußballgeschichte, Hertha ist Blau-Weiss, Hertha ist Berlin!

Gemeinsam für die Zukunft von Hertha BSC!

Harlekins Berlin ’98 im Februar 2018