Tore:
1:0 Mittelstädt (32.),
1:1 Werner (38.),
1:2 Sabitzer (45.),
1:3 Kampl (86.),
1:4 Werner (90.),
2:4 Selke (90.)
Zuschauer: 48.532
Zum Spiel:
Die Mannschaft lief anlässlich des 30. Jahrestags des Mauerfalls im Sondertrikot auf, welches an das erste Heimspiel nach dem Mauerfall gegen die SG Wattenscheid angelehnt war. Die Wattenscheider mussten übrigens aus finanziellen Gründen Ende Oktober den Spielbetrieb einstellen. Ein Schicksal, welches in der kommerzialisierten Fußballwelt so einige historische Fußballvereine erfahren. „Passender“ hätte der heutige Gegner also nicht sein können. Hertha sorgte für ein Rahmenprogramm (Mauer auf dem Spielfeld, Video zum Einlaufen in dem die Teilung im Vordergrund stand, Anzeigetafel im Stile von 1989 und ohne das Firmenlogo des österreichischen Milliardenkonzerns), das dem Spieltag durchaus würdig erschien und auf Betreiben der aktiven Fanszene um einige lästige Eventpunkte gekürzt werden konnte.
Die Partie begann wenig ereignisreich, bis Mittelstädt nach 32 Minuten sehenswert aus der zweiten Reihe abzog und unten links einschoss. Es dauerte allerdings keine fünf Minuten, bis der Schiedsrichter die Partie unterbrach: Videoassistent – Elfmeter für Leipzig, den Schwalbengott Werner souverän verwandelte. Noch vor der Pause fälschte Rekik einen Schuss unhaltbar ab, sodass Hertha mit einem Rückstand in die Kabine ging. Aufregung gab es in Hälfte Zwei erst nach gut 30 gespielten Minuten. Stark wurde im gegnerischen Strafraum mit dem Ellbogen an der Nase getroffen, während der Abwehrspieler zu allem Überfluss den Ball mit der Hand berührte. Videobeweis oder Elfmeter gab es keinen. Ein Paradebeispiel für die Sinnlosigkeit des Videoassistenten – Schafft die Scheiße bloß wieder ab! Stattdessen konnte Leipzig erneut per Doppelschlag den Sack zumachen, woran auch Selkes Ergebniskosmetik in der Nachspielzeit nichts mehr ändern sollte.
Ostkurve Hertha BSC:
Zu Spielbeginn zeigte die Ostkurve anlässlich des Mauerfalls vor 30 Jahren eine zweigeteilte Choreo. Vor der Kurve wurde die Berliner Mauer aufgebaut: Von Ostseite grau, von der Westseite bunt. Am Dach wurde das Brandenburger Tor hochgezogen. In der Kurve verdeutlichten schwarze Zettel die Tristesse der Teilung der Stadt, während zentral Demotransparente an die Proteste im Osten vor 30 Jahren erinnerten, sowie aktuelle Probleme für Fußballfans thematisierten. Ein blau-weißer Trabi durchbrach zentral die Mauer, welche im Anschluss fiel. Passend dazu gingen in der gesamten Kurve blau-weiße Fähnchen sowie mehrere große Berlin-Schwenker hoch und der Spruch „Uns Berlinern hält keine Mauer stand!“ rundete das Gesamtbild ansprechend ab. Von der Choreo beflügelt, startete die Ostkurve lautstark in die Partie, auch wenn das Niveau vom Pokalspiel zu keinem Zeitpunkt erreicht werden konnte. Neben den üblichen Schwenkfahnen bereicherten die großen Schwenker mit dem Berliner Bären sowie die kleinen Choreofähnchen immer wieder das gute optische Bild der Ostkurve. Der vollkommen überzogene Jubel von Mittelstädt nach dem Führungstor stieß etlichen Herthanern übel auf: Das verlorene und blutleer gespielte Derby macht man nicht mit einem Tor vergessen!
In die zweite Hälfte musste die Kurve von den Vorsängern quasi geprügelt werden und der erste Gesang ertönte erst kurz nach Anpfiff der zweiten Halbzeit. Neben etlichen Hüpfaktionen konnten auch Pöbelgesänge gegen den Gästeblock immer wieder die Kurve mobilisieren, dennoch war wenig Konstanz im Support. Mit zunehmender Spieldauer setzte sich dann die Erkenntnis durch, dass Hertha hier heute nichts holt. Der Doppelschlag ließ leider jegliche „Scheiß drauf“-Haltung im Keim ersticken. Schade, denn hier hätten wir durchaus zeigen können, dass wir dem Verein (und nicht den Spielern) auch in schlechten Momenten den Rücken stärken! Alles in allem: Unterer Durchschnitt. Nach Abpfiff musste sich die Mannschaft dem Unmut vieler Fans noch stellen. In der Emotionalität nach dem Spiel war die ein oder andere Äußerung sicherlich hart, allerdings waren alle Äußerungen authentisch und den letzten Spielen geschuldet.
Auf Spruchbändern äußerten wir heute unsere Ablehnung gegenüber RB Leipzig, welches in totalem Widerspruch zu unseren Idealen von Selbstbestimmung, demokratischen und mitgliedergeführten Vereinen steht und den modernen Fußball in Reinform verkörpert: Ein Verein, den es lediglich gibt, da ein global agierender Konzern den „Markt“‘ Fußfall als seine Plattform nutzt und die Stadt als den idealen Standort seiner Markenpräsenz ausgewählt hat! „Märchen hier, Lügen da… Unioner, ihr wisst, wie es wirklich war!“ wandte sich an die Verschwörungstheoretiker der Köpenicker Waldseite. Diese waren sich im Derby nicht zu schade, sich etliche ältere und aktuellere Vorfälle mit ihrer abenteuerlichen Sichtweise schön zu reden und uns einen angeblichen Einbruch anzulasten, mit dem die Harlekins Berlin bzw. die Fanszene Hertha BSC nichts zu tun hat.
Gäste:
Fußfallfans sind diese Konsumenten im Gästeblock aus unserer Sicht nicht. Insgesamt folgen dem Produkt immer weniger Menschen zu den Auswärtsspielen und auch akustisch ist der Hype wohl beendet. Die optische Aktion zu Spielbeginn wurde vom Verein angemeldet und zeigt den völlig hilflosen Versuch, mithilfe von Marketingstrategen und Stilmitteln von Fankultur Fußballstimmung zu erzeugen.