Im letzten Kurvenecho gab es an dieser Stelle einen ersten Einblick zur Problematik mit Chinas U-20 Nationalmannschaft in der Regionalliga Südwest. In einem Interview mit dem Präsidenten vom SV Waldhof Mannheim wurden einige Kritikpunkte an den geplanten „Freundschaftsspielen“ gegen die Chinesen aus Vereinssicht vorgebracht. Hinzu kommen noch die Bedenken der Fans im Südwesten, wobei der überwiegende Teil der betroffenen Fanszenen sich bereits klar gegen das China-Projekt positioniert hat. Stellvertretend für viele dieser Fanszenen möchten wir hier die Stellungnahme eines Fanvertreters der TuS Koblenz veröffentlichen und somit die Kritik in Bezug auf das China-Projekt auch für uns Fans in oberen Ligen des Profifußballs verständlicher machen. Denn dieses aktuelle Problem im Südwesten von Deutschland, wird auch an uns nicht spurlos vorbeiziehen!
Was ist passiert?
Im Juni titelte der Kicker: „Regionalliga Südwest: Team Nummer 20 kommt aus China“. Was zuerst wie ein schlechter Scherz anmutete, stellte sich tatsächlich als handfestes Vorhaben des DFB heraus, das leider zur Realität wurde: In der Rückrunde der Saison 2017/2018 wird die chinesische U-20 Nationalmannschaft wöchentlich gegen einen Verein antreten, der gemäß des regulären Spielplans spielfrei hat. Hierfür erhält jeder teilnehmende Verein 15.000 Euro. Lediglich der SV Waldhof Mannheim, die Stuttgarter Kickers und die TuS Koblenz lehnten ab. Der ursprüngliche Plan des DFB bestand darin, dass die U-20 gegen jedes der 19 Teams jeweils ein Hin- und Rückspiel austrägt. De Facto war also eine „Quasi“-Mitgliedschaft angedacht, die sich jetzt, auch aufgrund der vorgetragenen vehementen Kritik seitens der Fans und organisatorischen Schwierigkeiten, „nur“ auf die Rückrunde beschränkt.
Wie kam es dazu?
Die Tatsache, dass zuerst der Kicker von den Plänen berichtete und diese nicht durch eine offizielle Bekanntmachung des DFB verkündet wurden, steht sinnbildlich für den Prozess, der im Hintergrund ablief. Die Vorgehensweise des DFB ist bis heute geprägt von Intransparenz. Die erste Kontaktaufnahme mit den Vereinen erfolgte telefonisch. In besagtem Gespräch wurde lediglich erklärt, dass die Möglichkeit besteht, zwei Spiele gegen die chinesische U-20 Nationalmannschaft auszutragen und hierfür jeweils 7.500 Euro zu erhalten. Es wurde gezielt Druck aufgebaut. Unter anderem wurde betont, dass alle anderen Vereine bereits zugesagt hätten. Insbesondere finanziell gebeutelte Vereine wurden mit Nachdruck darum gebeten, eine schnelle Entscheidung zu treffen. Mehr Informationen wurde nicht an die Vereine herangetragen.
Auf der kurz danach stattfindenden Managertagung der Regionalliga Südwest sollten die Vereine dann ihre endgültigen Entscheidungen verkünden. Erst hier wurde über die geänderten Rahmenbedingungen informiert (nur ein Spiel in der Rückrunde und 15.000 Euro), weitere Details wurden nicht geliefert. Platz für Nachfragen oder gar Nachforschungen bestand nicht. Es entstand zunehmend der Eindruck, dass der DFB die Informationen gezielt klein hält. Bis heute herrscht Unklarheit über den genauen Ablauf der „Freundschaftsspiele“.
Was steckt dahinter?
Im November vergangenen Jahres wurde eine Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China im Bundeskanzleramt im Beisein von DFB und DFL unterzeichnet, in der sich die beiden Länder zu einer engen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Fußballs verpflichten. DFL Geschäftsführer Christian Seifert erklärte, dass es „mannigfaltige Themen der Zusammenarbeit geben wird, beispielsweise im Austausch zu den Nachwuchsleistungszentren zwischen deutschen und chinesischen Klubs“. Die chinesische U-20 Nationalmannschaft in der Regionalliga-Südwest ist ein erster Schritt, um die getroffenen Vereinbarungen mit Leben zu füllen. Der Vertrag, der den Fanszenen vorliegt, veranlasst die Fußballverbände der beiden Länder explizit dazu, Pläne und konkrete Vereinbarungen sowie finanzielle Absprachen zu treffen. Christian Seifert betonte im Zuge dessen die schon seit längerem bestehenden „guten Beziehungen nach China, von der beide Seite profitieren werden“. Hinweise darauf, wie die besagten Vereinbarungen aussehen könnten, liefert ein 250 Millionen schwerer Fernsehvertrag, der im November 2016 ebenfalls zwischen DFB, DFL und chinesischen Vertretern ausgehandelt wurde.
Im Juli dieses Jahres besuchte der chinesische Staatspräsidenten Xi Jinping zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel ein Freundschaftsspiel zwischen einer deutschen und einer chinesischen Kinderauswahl, welches ebenfalls im Rahmen der Kooperation stattfand. Auch zugegen waren Adidas-Chef Kasper Rorsted, der die Partnerschaft zu Marketing-Zwecken nutzt und bereits einen Deal mit dem chinesischen Bildungsministerium ausgehandelt hat und Jörg Wacker, Vorstandsmitglied des FC Bayern und zuständig für die Internationalisierung des Klubs, der bereits seit Jahren sogenannte Asia-Reisen in der Sommervorbereitung zu Promo-Zwecken unternimmt. Anhand der Personenkonstellation und des ausgehandelten TV-Vertrags wird deutlich, dass es neben der propagierten Unterstützung des chinesischen Fußballverbands in erster Linie um Geld geht.
Was ist die Konsequenz?
Man muss keine Glaskugel besitzen, um zu erahnen, dass perspektivische Pläne ein DFB-Pokal-Finale in Shanghai oder eine fest installierte Mannschaft in der Bundesliga beinhalten könnten, um noch mehr Einnahmen zu generieren. Letztlich ist die Integration der chinesischen U-20 Nationalmannschaft in die Südweststaffel der Regionalliga nichts weiter als der erste Türöffner/ Testballon für eine großflächige Erschließung des asiatischen Marktes und wird daher perspektivisch alle Vereine betreffen. DFB-Präsident Reinhard Grindel äußerte sich jüngst erneut zu der Thematik und erklärte, dass „die Ultras von Waldhof Mannheim, von Koblenz und den Stuttgarter Kickers“ ein Problem mit dem Spiel gegen die chinesische U-20 gehabt hätten und ihre Vereine dazu gebracht hätten, nicht teilzunehmen. Dass aber nicht nur Ultras sondern die breite Masse die Pläne ablehnt, wird hierbei komplett unter den Tisch gekehrt. Auch Vereine wie Rot-Weiss Essen oder Rot-Weiß Oberhausen äußerten ihren Unmut und Fassungslosigkeit über die Pläne des DFB. In einer kicker-Umfrage bewerteten 84,7 Prozent von knapp 50.000 Teilnehmern das Vorhaben als schlecht.
Logische Folge einer zunehmenden Erschließung des asiatischen Markts wäre eine weitere Zerstückelung der Spieltage, um dem Publikum in Fernost die Marke „Bundesliga“ mundgerecht zur besten Sendezeit servieren zu können. Dies würde unweigerlich nach sich ziehen, dass aufgrund paralleler Live-Übertragungen noch weniger Zuschauer am Wochenende bei Amateurspielen sind. DFB-Kampagnen wie „Unsere Amateure. Echte Profis” werden hierdurch komplett ad absurdum geführt und offenbaren ihre Scheinheiligkeit. Anhand der beschriebenen Thematik wird erneut deutlich, dass DFB und DFL die Basis völlig aus den Augen verloren haben und den Fußball zu Lasten der Fans weiter ausschlachten wollen.
Text vom 14.10.2017