Oben genannter Spruch wurde beim letzten Auswärtsspiel unserer Hertha in Mainz bei uns im Gästeblock gezeigt. Das Spruchband war Teil der bundesweiten Proteste gegen die aktuellen Fehlentwicklungen im deutschen Profifußball. Am letzten Wochenende wurde sich mit den Vermarktungsauswüchsen des DFB in Richtung Fernost beschäftigt. Von dem ganzen China-Projekt des DFB bekommen wir in Berlin als Bundesligastandort natürlich (noch) relativ wenig mit, weshalb wir an dieser Stelle gerne ein Interview mit dem Geschäftsführer des SV Waldhof Mannheim abdrucken.
Aber auch in Koblenz regt sich der Protest und man findet, dass Grenzen überschritten wurden.
Dazu hat sich sowohl die Fanszene der TuS Koblenz in einer Stellungnahme geäußert als auch der Präsident in einem Interview.
Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, wird merken, dass dieses U20-Projekt mit den Asiaten nur ein Testballon für die oberen Ligen ist und auf lange Sicht das Interesse am Markt in China ausschlaggebend für diese aktuelle Situation ist. Nicht umsonst verschieben sich bei uns immer mehr Anstoßzeiten, was die Bundesliga auch für ausländische TV-Märkte noch interessanter machen soll. In Mannheim wurde von Anfang an Stellung gegen die geplanten Testspiele der China-Auswahl in der Regionalliga Südwest bezogen, im Interview mit dem FOCUS Online wird diese Haltung von Mannheims Geschäftsführer Markus Kompp erläutert:
Kommerz statt Tradition? Die Entscheidung des DFB, die U20 Chinas in den Spielbetrieb der Regionalliga Südwest zu integrieren, zieht heftige Kritik nach sich. Im Interview mit FOCUS Online erklärt der Geschäftsführer von Waldhof Mannheim, warum er den Vorstoß des Verbandes für unsinnig hält.
Herr Kompp, der DFB will aus Marketinggründen die chinesische U20 in den Spielplan der Regionalliga Südwest integrieren. Sie haben diese Spiele abgelehnt.
Markus Kompp: Wir haben am Ende des Tages entschieden, dass es für uns aus sportlicher und finanzieller Sicht keinen Sinn macht diese beiden Freundschaftsspiele fest in der Saison zu vereinbaren.
Und sie konnten die Spiele einfach absagen?
Kompp: Uns wurde gesagt, dass es uns freigestellt ist, ob wir antreten wollen. Wir wurden gefragt, ob wir antreten wollen oder nicht. Dann gehe ich davon aus, dass es uns auch frei steht „Nein“ zu sagen.
Warum macht es sportlich und wirtschaftlich keinen Sinn?
Kompp: Den Gegner sportlich einzuschätzen, steht uns nicht zu. Wir haben aber zwei Jahre in Folge die Relegation gespielt und wollen nun im dritten Anlauf die 3.Liga erreichen. In der Regionalliga Südwest haben wir bereits 19 Mannschaften und daher sehr wahrscheinlich gegenüber möglichen Relegationsgegnern ohnehin bereits eine höhere Belastung.
Neben weiteren offenen Fragen war nicht klar, wann wir spielen würden, ob ein Termin möglicherweise sogar in eine Englische Woche fällt. Wenn wir spielfrei haben, wollen wir die Zeit natürlich zur Regeneration nutzen. Stellen Sie sich vor, wir müssten wenige Wochen vor einer möglichen Relegation antreten und ein Spieler würde sich verletzen. Nicht auszumalen, was dann hier in Mannheim los wäre.
Der DFB stellt Clubs, die sich dazu bereit erklären, indes eine „Entschädigung“ von 15.000 Euro in Aussicht.
Kompp: Selbstverständlich sind wir auch über jede finanzielle Unterstützung dankbar.
Jedoch ist es jetzt nicht so, dass wir deshalb freudestrahlend durch die Geschäftsstelle springen. Es wurden pro Spiel (Anm.: gegen die Chinesen) einmalig 7.500 Euro in Aussicht gestellt. Man darf die Ausgabenseite jedoch nicht unberücksichtigt lassen. Eine unserer noch offenen Fragen war daher, wo wir gegen sie spielen würden. Unser Stadion hat eine Kapazität von 24.500 Zuschauern. An einem Freitagabend müssten wir zum Beispiel das Flutlicht anschalten. Bei einer möglichen TV-Übertragung müssten wir ein Stromaggregat anmieten, beim Ordnungsdienst entstehen ebenso unabhängig von der Zuschauerzahl in unserem Stadion deutlich mehr Kosten wie in kleineren Stadien – das sind alles Kosten die dem Angebot entgegenstehen. Daher hätten diese Fragen im Vorfeld geklärt werden müssen.
Und weiter?
Kompp: Stellen Sie sich vor, wir müssten im November oder Februar spielen. Wir hatten in der Vergangenheit zu dieser Jahreszeit immer wieder Spielausfälle. Das Spiel gegen die Stuttgarter Kickers wurde in der Vorsaison mehrfach verschoben. Unser Rasen ist einige Jahre alt und hat diese Witterung einfach nicht mehr mitgemacht. Wenn wir dann das Spiel im Carl-Benz Stadion austragen müssen, kann es in der Folge dazu führen, dass ein reguläres Ligaspiel ausfallen muss.
Klingt nach vielen ungeklärten Fragen.
Kompp: Deswegen wollten wir geklärt haben, ob wir auf Kunstrasen spielen können, was im Ligabetrieb nicht ginge. Können wir mit einer Mannschaft mit Spielern aus der 1. Mannschaft, der U23 und unserer U19 antreten. Sowas muss im Umfeld allen Seiten klar kommuniziert sein. Das war es aber leider nicht.
Der DFB macht derweil einfach einen Deal mit einem wirtschaftlich potenten Partner und informiert erst hinterher die Vereine, die letztlich die Herausforderungen stemmen müssen.
Kompp: Wir beobachten diese Diskussion. Es gibt auch andere Themen, die in diesem Zusammenhang diskutiert werden. Nicht nur in der Regionalliga Südwest. Auch in der 3. Liga gibt es Themen, die momentan für Verärgerung unter den Vereinen sorgen. Mein ehemaliger Verein Hansa Rostock zum Beispiel scheint aktuell nicht besonders glücklich zu sein, weil der Sponsor „bwin“ für die 3. Liga (Anm.: vom DFB) sehr spät kommuniziert wurde und Hansa schon einen Wettbewerber als Trikotsponsor gewonnen hatte. Dementsprechend kann man schon die Frage stellen, ob die Vereine nicht bereits im Vorfeld mehr in die Kommunikation und die Ideen des Verbandes eingebunden werden sollten.
Wertet der DFB die Regionalliga nicht vielmehr ab, wenn er den Vereinen mir nichts dir nichts eine Juniorennationalmannschaft als Ligapartner zur Seite stellt?
Kompp: Es kann durchaus so wahrgenommen werden. Ich denke, die Fans fassen das so auf, dass man als Testballon für größere Kooperationen gesehen wird.
Clubs aus der Regionalliga West, die erstmal nicht betroffen sind, haben kritisiert, dass der ganze Deal vor allem dem FC Bayern und den Top-Playern der Bundesliga zugutekommen soll, die den Markt in China im Blick haben.
Kompp: Wir wollen nicht alles in Frage stellen. Kommerzialisierung ist immer eine zweiseitige Medaille. Klar, müssen wir schauen, dass wir uns gut vermarkten und uns positionieren. Andererseits darf die Tradition nicht sterben. Da haben wir ein Zeichen gesetzt, indem wir gesagt haben, dass wir da nicht mitmachen wollen. Wir sind immer offen für neue Ideen, was die Vermarktung angeht. Aber unserer Meinung nach ist jetzt eine Grenze erreicht.
Quelle: FOCUS Online, 6.7.2017
Text vom 01.10.2017