Fanorganisationen ProFans, Unsere Kurve, BAFF und F_in reagieren auf die Entwicklung und erwägen Ausstieg zur Winterpause
Hamburg, 18. August 2010 – Nach fast drei Jahren kann seitens der Fanorganisationen über die bisherige Arbeit innerhalb der AG Fandialog, zwischen dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) auf der einen Seite und den Fanorganisationen auf der anderen, kein positives Resümee gezogen werden.
Ursprünglich wurde die Arbeitsgruppe Fandialog ins Leben gerufen, um die gemeinsam erarbeiteten Themen des DFB-Fankongress 2007 in Leipzig im Nachgang zu diskutieren und umzusetzen sowie den Dialog zwischen Fans und Offiziellen zu verbessern und zeitnah sowie aktuell zu halten. Die Realität sieht leider ganz anders aus.
„Unsere Kurve“-Teilnehmer Mathias Scheurer äußert sich aufgrund seiner Erfahrungen wie folgt:
„Diskussionen bei für uns wichtigen Themen verlaufen ergebnislos. Entweder werden Zuständigkeiten von offizieller Seite munter hin und her geschoben oder es mangelt schlicht an der Entscheidungsbefugnis der beteiligten Personen. Dies dokumentiert den Stellenwert dieser Arbeitsgruppe bei DFB und DFL. Ich vermisse bei den beteiligten Verbänden dienotwendige Ernsthaftigkeit, sich wirklich mit brennenden Themen zu beschäftigen und die Bereitschaft, wirklich etwas im Sinne der Fans verändern zu wollen. Das Marketinginstrument „Fanclub Nationalmannschaft sponsored by…“ genießt offenbar eine höhere Priorität als die Lösung dringender Probleme im Fußball-Tagesgeschäft. Solange dies so bleibt, stellt sich die Frage, ob die Teilnahme an der AG überhaupt einen Sinn ergibt.“
Bei dem kleinsten Fehlverhalten von Fanseite wird nicht mit, sondern meist über uns geredet. Wird dies kritisiert, verweist man auf den „Fanvertreter“ von der KOS oder auf Fanbeauftragte. Noch einmal in aller Deutlichkeit: Wir wissen deren Arbeit wirklich zu schätzen, aber es sind KEINE Fanvertreter sondern bezahlte Fanbetreuer! Es werden drastische Strafen an komplette Fanszenen für individuelle Fehler Einzelner verhängt. Verringerung der Kartenkontingente für Gästefans, Sitzplatzzwang, Ausweiszwang, Polizeikessel, schikanöse und entwürdigende Behandlung von Gästefans, all das ist eine pauschale Kriminalisierung aller Fans des entsprechenden Vereins. Eine Vorgehensweise, die dem entgegensteht, was der gesunde Menschenverstand fordert, nämlich Differenzierung und Einzelfallprüfung.
Warum all dies stattfindet, obwohl mit der AG Fandialog eigentlich ein Medium geschaffen wurde, in dem über aktuelle Entwicklungen gemeinsam diskutiert werden sollte, können wir in keinster Weise nachvollziehen.
Nicole Selmer, konstante Teilnehmerin für F_in, sieht das ebenfalls kritisch:
„Viele Themen, die wir versucht haben anzusprechen, scheinen den „Raum AG Fandialog“ niemals zu verlassen. Und auch sonst scheint niemand ernsthaft an einem Dialog interessiert zu sein. Wie sonst ist es zu erklären, dass wir vier oder fünf Mal dieselbe Anfrage stellen und jedes Mal die Reaktion lautet „Interessante Idee, wir werden das prüfen“.
Weiterhin muss klar gestellt werden, dass die offenen Themen des Fankongress 2007 bislang nicht abgearbeitet wurden . Wir haben hier vehement darauf gedrängt und hingewiesen, leider ohne Erfolg. Skurril wurde es, als vom DFB ohne weitere Begründung verkündet wurde, die offenen Punkte seien alle erledigt. Wir wissen natürlich, dass nicht alle unsere Wünsche und Forderungen umgesetzt werden können, aber mehr als ein „erledigt“ auf unsere Fragen erwarten wir als Antwort definitiv. Grundsätzlich gehen wir auch davon aus, dass alle Themenfelder vorab ergebnisoffen in der AG Fandialog diskutiert werden.
Bezeichnend in der aktuellen Situation ist, dass feste Zusagen von offizieller Seite nicht eingehalten werden. Seit knapp 1,5 Jahren wird uns versprochen an einer offiziellen Spieltagsterminierung der DFL teilnehmen zu können. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als die Anstoßzeiten reformiert werden sollten und neue Fernsehverträge zur Verhandlung anstanden. Nachdem wir monatelang versuchten einen Termin zu bekommen, wurde uns jetzt doch eine Absage erteilt – aus Datenschutzgründen. Dieses und die ausbleibende Unterbreitung von Lösungs- oder Alternativvorschlägen führt dazu, dass sich der Verdacht erhärtet, dass die Zusage nur getätigt wurde, um den damaligen groß angelegten Fanprotesten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Festzuhalten bleibt, dass die Anstoßzeiten weiter zerstückelt und fanunfreundlicher wurden und die TV-Verträge in trockenen Tüchern sind. Die Hinhalte- und Einlullungstaktik der DFL hat somit funktioniert!
In der AG Fandialog wurde von unserer Seite auch das Thema Musterstadionordnung angesprochen. Diese stellt ein Grundgerüst des DFB für die Vereine dar, an der viele sich orientieren, z.B. welche Fanutensilien (Fahnen, Doppelhalter) erlaubt werden. Hierzu wurde gemeinsam in der AG Fandialog festgestellt, dass diese nicht fan- und zeitgemäß sei und wir wurden aufgefordert unsere Vorschläge auf offiziellem Wege einzureichen, was wir auch getan haben. Nach mehreren Monaten des Wartens wurde uns dann kurz und knapp mitgeteilt, dass keine Änderungen an der Musterstadionordnung geplant sind. Bemerkenswert, wo doch die einhellige Meinung war, dass Änderungen erforderlich sind.
Die Stadionverbotsrichtlinien des DFB wurden im November 2009 ohne jegliche Information der Fanorganisationen geändert. Auch wenn die Stadionverbotsrichtlinien beständig Thema bei den AG Fandialog Sitzungen sowie anderen Gesprächsrunden waren, hat der DFB anscheinend nicht realisiert, wie wichtig und sensibel dieses Thema ist. Auf Nachfrage, warum hier keine Information erfolgte, wurde uns nur mitgeteilt, dass nicht alle Änderungen der Richtlinien offiziell beworben würden.
Diese drei Beispiele sind bedauerlicherweise nur die Spitze des Eisbergs. Diese gesamten Geschehnisse rund um die AG Fandialog können wir nicht länger hinnehmen!
Sandra Schwedler von ProFans bestätigt:
„Angesichts des Stillstandes in der AG Fandialog muss ProFans auch einen Ausstieg aus selbiger in Erwägung ziehen. Eine Runde, die keine Ergebnisse beinhaltet, in der wir ganz offensichtlich durch die Verantwortlichen lediglich als Bittsteller, nicht aber als Gesprächspartner auf Augenhöhe wahrgenommen werden, hat keinen Sinn.“
Wir sind an einem konstruktiven Dialog auf Augenhöhe natürlich weiterhin interessiert und auch bereit mitzuarbeiten. So wie es momentan abläuft, kann es jedoch definitiv nicht weitergehen!
Wir erwarten von DFB und DFL, dass der Terminvorschlag für die kommende Sitzung im September zurückgezogen und innerhalb der beiden Verbände ernsthafte Diskussionen über eine Veränderung bei der AG Fandialog geführt werden.
Änderungen an der momentanen Struktur und Arbeitsweise der AG Fandialog werden nun bereits seit fast zwei Jahren versprochen. Sollte sich daher bis zur Winterpause der aktuellen Saison 2010/2011 nichts ändern, werden die oben genannten Fanorganisationen die AG Fandialog verlassen und keine Vertreter mehr zu den Sitzungen schicken. Dieses Mal erwarten die Fanorganisationen Ergebnisse und keine leeren Versprechungen!