Notizen 2019/20

1. FC Union – Hertha BSC 1:0

Tore:
1:0 Polter (87.)

Zuschauer: 22.012

Zum Spiel:
Es war ein grottenschlechtes Derby. Union hatte mehr Spielanteile und traf schon in den ersten Spielminuten den Pfosten. Hertha stand mutlos auf dem Platz und erinnerte an den mehr als schlechten Saisonstart. Wenn man überlegt, was für Reden im Vorfeld geschwungen wurden, ist die Leistung eine Beleidigung gegen die eigenen Fans. Trotzdem war es ein typisches 0:0, weil auch Union keine zwingenden Torchancen hatte. Am Ende gewann Union glücklich durch einen Elfmeter mit Videobeweis in der 87. Minute.

Herthaner uff Achse:
Am Vortag trafen sich knapp 1.700 Herthaner beim Abschlusstraining und stimmten sich und die Mannschaft aufs Derby ein. Richtige Leidenschaft spürte man allerdings eher von Trainer Ante Covic als vom Team, welches eher kleinlaut und irritiert wirkte. Am Samstag traf sich der Großteil der 2.400 Herthaner am Boxhagener Platz, wo die Fanszene mit den Choreo-Jacken ausgestattet wurde. Mit zwei Sonderbahnen fuhr man von der Warschauer Str. in die Wuhlheide, wo es dann zu Fuß durch den Wald zum Stadion ging. Dort angekommen gab es den erwarteten Stress am Einlass, weswegen die letzten Herthaner gerade so zum Anpfiff im Stadion waren. Vor dem Spiel gab es ein „Würde eure Mannschaft kämpfen wie ihr, dann wäre sie heute nicht hier“ zu sehen – eine Anspielung auf Unions Trainingsspruchband und ihrem Tatendrang auf der sportlichen Ebene.

Zum Einlaufen der Mannschaften wurden die Jacken gewendet und aus dem blauen Block wurde ein Block im Stil der Herthafahne. Dazu gab es eine Blockfahne mit der Alten Dame, die mit den Worten der Berliner Sängerin Claire Waldoff „Es gibt nur ein Berlin und das ist mein Berlin“ herablassend ins restliche Stadion schaute. Der für uns Berliner typisch arrogante Blick kam hierbei aufgrund der Gegebenheiten des kleinen Blocks nicht wie gewünscht zur Geltung, denn der Kopf der Herthadame befand sich bereits zu nah an der dunklen, oberen Blockkante. Im Spiel brannten dann immer wieder Fackeln und der Block versuchte warm zu werden. Die Lautstärke war sehr schwankend und man muss leider zugeben, dass das Feuer auf den Rängen ziemlich schnell erstickte, weil der leidenschaftslose Auftritt unserer Mannschaft wohl irgendwie ansteckte. Trotzdem versuchte man das Beste rauszuholen.

Zur zweiten Halbzeit kam dann der zweite Teil der Choreo. Der Block wechselte in ein Streifenmuster, die Dame vermummte sich und die nächste Zeile von Waldoffs Gassenhauer „Hält uns auch keiner für normal – Das ist uns alles ganz egal.“ rundete die anschließende Pyroshow ab. Uns ist vollkommen egal, was Journalisten, Bullen und Politiker behaupten: Pyrotechnik ist wichtiger Bestandteil unserer Fankultur! Dass der anlasslose Beschuss vollbesetzter Tribünen mit Leuchtmunition hiermit nicht gemeint ist, sollte jedem klar sein. Dennoch wurden bei dieser Aktion Grenzen überschritten, weswegen das Spiel einige Minuten unterbrochen wurde. Weiterhin versuchte man die Mannschaft trotz unterirdischer Leistung zu unterstützen. Der Frust entlud sich bei einigen Herthanern besonders nach der bitteren Niederlage. Nachdem einiges an Union-Zeugs verbrannt wurde, flogen wieder Leuchtkugeln quer durchs Stadion, was so nicht geschehen darf, aber trotzdem geschehen ist. Die Vorfälle müssen im Nachgang intern aufgearbeitet werden. Alles in Allem ein bitterer Tag, an dem gefühlt nichts so wirklich 100% funktioniert hat.

Heimkurve:
Die Waldseite hat heute einiges vorbereitet. Es ging mit einer Halb-Stadion-Choreo los, in der Perseus Medusa enthaupten sollte. Es sah aber eher so aus, als ob er ihr doch zu sehr in die Augen schaute. Bewegt wurden die Elemente elektrisch, genug Power scheint man also nicht zu haben. Auf der Gegengerade kam dazu eine Blockfahne mit viel Text, der im Stadion aber schwer zu lesen war. Danach gingen rot und weiße Zettel hoch. Die kompakte Wirkung ging zwar etwas verloren, die Umsetzungen im Ganzen war aber okay. Mittlerweile scheint man auch mit der Bezeichnung „Spreeathen“ keine Probleme mehr zu haben, aber was interessiert schon das Geschwätz von gestern? Außerdem gab es sehr viel Mitteilungsbedürfnis in Form von Spruchbändern, bei denen man teilweise stark überlegen musste, worauf die Eisernen eigentlich hinauswollten. „Wenn die eigene Identität in der Krise steckt, sucht man sich ein Hassobjekt“. Da fragen wir uns, warum kurze Zeit später, bis auf sehr wenige Ausnahmen Unmengen an Hertha Kuttenmaterial präsentiert wurde. Außerdem wurde ein Harlekins Choreoschwenker aus dem Jahr 2002 präsentiert, aus der Zeit als unsere Gruppe noch offen war. Wie dieser Schwenker heute dort auftauchen konnte, kann sich wohl jeder vorstellen und spricht nicht unbedingt für die Ultrakultur in Köpenick. Denn fest steht: Im Kampf erbeutet wurde er nicht!

Darüber hinaus gab es noch ein „Damals & heute – Es bleibt wie es ist!!! Ultras ohne Ehre!!!“. Außerdem versuchte man uns einen Einbruch in Lagerräume anzudichten und die Niederlage in einem sportlichen Wettkampf im letzten Jahr auf die Anwesenheit einzelner BFCer zurückzuführen. Frei nach Pippi Langstrumpf macht man sich dort die Welt, wie sie einem gefällt. In Sachen Stimmung haben die Rot-Weißen zumindest in ihrer Euphorie einen Schritt nach vorne gemacht, wenn man das so mit früher vergleicht. Nur mit ihrer Hebebühne scheinen sie nicht ganz zurechtzukommen. Sie musste während des Spiels ein paar Mal hoch- und runtergefahren werden, was wie eine künstliche Bühnenshow wirkte. Erwähnenswert war außerdem die gute Pyroeinlage zum Start der zweiten Halbzeit und der „entschlossene Platzsturm“ nach Abpfiff, den Union-Torwart Gikiewicz aber souverän halten konnte.