Geschichte Harlekins Berlin ’98 –
Saison: 2016/2017

Eine Saison, ein Motto: Hertha B.S.C. – Nur echt in Blau-Weiss!

Die Sommerpause 2016 hatte in Berlin wieder weniger erfreuliche Überraschungen parat! Frühzeitig sickerten Informationen in die Fanszene durch, dass es zur neuen Saison 2016/2017 ein Ausweichtrikot in Pink geben wird. Nebenbei wurden in den Fanshops die Regale mit Trainingskleidung in Orange befüllt und an den Berliner Litfaßsäulen prangten Hertha-Plakate mit dem neuen Slogan „We try. We fail. We win.“ und irgendwelchen „Start Up“ – Sprüchen. Den absoluten Höhepunkt erreichte der Marketingwahnsinn dann am Wochenende der 1. Runde im Pokal. Auf dem Weg in Richtung Regensburg erreichte uns die Nachricht, dass das Vereinsmaskottchen im ZDF Fernsehgarten gerade live im pinken Outfit zwischen den Rentnern umherspringt! Der Bogen war endgültig überspannt und in Absprache mit den anderen Ultragruppen sollte eine deutliche Reaktion folgen:

„Wie ein Schlag ins Gesicht traf uns die Bekanntmachung in der Sommerpause, dass Hertha B.S.C. nicht nur ein penetrantes Ausweichtrikot in der Farbe Pink tragen soll, sondern vielmehr auch einen großen Teil der Regale im Fanshop in Orange bestücken wird. Woher diese Idee mit den Trainingsklamotten in Orange stammt, bleibt für uns nicht nachvollziehbar. Orange findet man weder in unserer Herthafahne noch in den Farben unserer Heimatstadt Berlin, weshalb wir die Nutzung dieser Farbe im Zusammenhang mit Hertha B.S.C. ablehnen! Selbst den Einwand, dass es sich bei der orangefarbenen Kleidung nur um die Trainingsausrüstung handelt, lassen wir nicht gelten. Wie in den Vorbereitungsspielen und auch bei den Qualifikationsspielen gegen Bröndby IF zu sehen war, nutzt Hertha momentan jede Möglichkeit um diese Kollektion zu vermarkten. Auf An- und Abreise trägt die komplette Mannschaft orangefarbene Kleidung, auf der Trainerbank sitzen während der Spiele die Betreuer in orangefarbenen Poloshirts und im Fanshop gibt es einen eigenen Bereich mit Artikeln in Orange. Das Ganze hat nichts mit einem notwendigen Ausweichtrikot zu tun und auch nichts mit dem was Hertha B.S.C. darstellt – vielmehr ist es eine gesichtslose Außendarstellung!

Die komplette Stellungnahme gibt es hier.

Mit dieser Stellungnahme zum ersten Heimspiel gegen Freiburg wurde die Kampagne „Hertha B.S.C. – Nur echt in Blau-Weiss!“ gestartet. Rund 1.000 blaue Shirts mit dem Logo der Aktion waren in wenigen Minuten vergriffen und im Olympiastadion wurde das „Blau-Weiß“ in den Liedern an diesem Tag mindestens doppelt so laut herausgeschrien. Zum Saisonauftakt wurden die Zufahrtswege zum Stadion und auch einige andere, stark frequentierte, Gegenden in der Stadt mit Plakaten der Kampagne verschönert. Neben den Infos im „Kurvenecho“ wurden zusätzlich tausende Flyer mit der Stellungnahme rund um die Ostkurve verteilt. Außerdem einigten sich die Ultragruppen auf einen kompletten Zaunfahnenverzicht bei Auswärtsspielen bei denen unsere Hertha in pinken Trikots aufläuft. Dieser Verzicht war kein leichter Schritt, besonders wenn man bedenkt, welche langjährige Tradition unsere Auswärtsfahne hat. Seit 1999 existiert dieses heilige Stück aus Stoff und Farbe nun schon und hat unzählige Stadien in ganz Europa geschmückt. Doch nicht nur die Zaunfahnen blieben bei diesen Spielen zuhause, sondern auch auf Schwenkfahnen der Ultras wurde verzichtet. Stattdessen wurden einige schlichte Hertha-Schwenker angefertigt, die zu diesen Spielen mitgenommen wurden. Der ganze Fokus sollte auf unseren Vereinsfarben und auf der Kampagne liegen.

Im Nachgang betrachtet gelangen uns Umsetzung und Kommunikation in Bezug auf diese Kampagne ziemlich gut. Pinke Trikots im Olympiastadion und auch bei Auswärtsspielen unserer Hertha gab es so gut wie nie zu sehen und auch die orangen Shirts und Polos der Trainingskollektion fanden keine Abnehmer. Der Fahnenverzicht bei Auswärtsspielen funktionierte auch fast ohne Probleme, es gab kaum Diskussionen, wenn doch schon Fahnen am Zaun hingen und diese dann für die Kampagnenfahne weichen sollten. Leider mussten wir viel öfter zu diesem Mittel greifen als uns lieb war, denn insgesamt gab es acht Auswärtsspiele in pinken Hertha-Trikots. An einem Mittwochabend in Mönchengladbach brachten es Herthas Verantwortliche sogar zustande, einen Einwechselspieler kurz vor dem Ende der Partie im pinken Trikot ohne Herthafahne auf der Brust ins Spiel zu schicken! Lediglich der Hauptsponsor war auf dem Trikot zu sehen…

Ebenso bitter war die Außendarstellung unserer Vereinsvertreter vor, während und nach den Spielen gegen das Werbekonstrukt RB Leipzig. In Leipzig mussten wir sogar live miterleben, wie Hertha zu unserer Schande in pinken Trikots sang- und klanglos gegen den Brausekonzern unter ging. Ein angeregtes Traditionstrikot zu diesem Spiel wurde nicht realisiert und allgemein hatten viele Berliner das Gefühl, dass man bei Hertha keine Probleme mit RB Leipzig hat. Das Rückspiel in Berlin wurde übrigens auch ohne große Gegenwehr verloren. Spätestens in der Winterpause hatte ein Großteil der Ultras dann die Schnauze voll! Dieses „Hinnehmen“ von RB Leipzig als ganz normalen, sportlichen Konkurrenten fand wenig Verständnis, besonders wenn man bedenkt wie sehr auch Hertha zum Beispiel unter den aggressiven und finanzstarken Jugendscouts aus Leipzig leidet. Hinzu kam die Ankündigung unseres Präsidenten Gegenbauer, dass man bei den Überlegungen zu einem Stadionneubau, nicht an der Stadtgrenze von Berlin halt machen muss. Doch damit war noch lange nicht genug, fast zeitgleich wurde verkündet, dass das Festkomitee für die Feierlichkeiten zu 125 Jahren Hertha B.S.C. bereits die Arbeit aufgenommen hat. Mit Vertretern aus Herthas Fanszene hatte bis zu diesem Zeitpunkt jedoch niemand aus Herthas Geschäftsstelle Kontakt aufgenommen. Die ganze Situation sorgte für viel Frust und führte in der Konsequenz zu einem Stopp der Gespräche zwischen den Ultragruppen und der Geschäftsführung von Hertha. Zu Beginn der Rückrunde gab es deshalb nochmal eine ausführliche Stellungnahme der Ultras, wobei die wichtigsten Aussagen hier nochmal kurz zusammengefasst werden:

„… Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten und so war die zurückliegende Hinrunde auch von unterschiedlichen Aktionen der Fanszene geprägt, die sich gegen den vom Verein initiierten Imagewechsel richteten. Dieser wurde im Sommer 2016 in die Wege geleitet und beinhaltet neben einer vollkommen am Ziel vorbeigehenden Marketingkampagne auch die Ausrüstung der Mannschaft mit pinken Ausweichtrikots und orangefarbener Trainingskleidung, sowie Präsentationsanzügen. Entsprechend irritiert reagierte die Fanszene auf diese Veränderungen und brachte bereits früh ihre Kritik daran zum Ausdruck. Weiterer Gesprächsstoff ergab sich im Zusammenhang mit der erneut aufflammenden Stadiondebatte, bei der sich u.a. Präsident Gegenbauer zu Äußerungen hinreißen ließ, wonach „…die Gedankengänge nicht an der Stadtgrenze aufhören müssen!“ Wie auch immer man die Lage bewerten möchte, so ergab sich für viele Herthaner der Eindruck, dass der Verein gerade zwei Schritte vor dem Ersten macht und sich immer weiter von seiner Basis entfernt. Dies wurde besonders daran deutlich, dass man jegliche Kritik an der Marketingkampagne und an der verunglückten Ausrüstung des Teams auch öffentlich mit abschätzigen Bemerkungen versah. Unter anderem wurden kritische Spruchbänder zu dieser Thematik öffentlich durch verschiedene Medien des Vereins ins Lächerliche gezogen. Eine sachliche Auseinandersetzung mit der Kritik am eigenen Vorgehen fand zu keinem Zeitpunkt statt! …

Für viele von uns ist daher allmählich der Punkt erreicht, an dem man nicht mehr kleinlaut zuschauen möchte in welche Richtung sich unsere Hertha entwickelt. In diesem Jahr steht der 125. Geburtstag unseres Vereins an. Ein Jubiläum, welches es zu feiern gilt! Auch hier wollte die Fanszene eigentlich in enger Abstimmung mit dem Verein einen würdigen Rahmen entwickeln um diesen historischen Moment gemeinsam zu zelebrieren. Vertretern der Fanszene wurde in mehreren Gesprächen daher zugesichert, bereits im Vorfeld in die Planungen involviert zu werden. Wie wir ebenfalls auf der Mitgliederversammlung erfuhren, ist auch diese Aussage hinfällig. Stolz wurde verkündet, dass bereits ein „Festkomitee“ eingerichtet ist. Vertreter aus der Fanszene sind hier nicht vertreten! …

Wir erwarten eine Reaktion des Vereins, eine deutliche Kehrtwende in der Zusammenarbeit mit den Fans und nicht zuletzt ein deutliches Umdenken im Hinblick auf die Außendarstellung. Andernfalls wird die Zeit zeigen, wieviel Ausdauer die Herrschaften an den Tag legen werden im Konflikt mit den eigenen Fans. Denn eines ist sicher: Wir stehen auch noch dann hier, wenn die Verantwortlichen ihren Job getan haben!“

Hinrunde 2016/2017
Mit großer Spannung wurde im Sommer die Auslosung zur Europa League verfolgt, denn in der 3. Runde Qualifikations-Runde sollte unsere Hertha in den Wettbewerb starten. Im Topf waren einige interessante Namen und am Ende duellierten sich Bröndby IF und die Hibernians aus Edinburgh um den Einzug in die nächste Runde. Die Dänen konnten diese Runde im Elfmeterschießen für sich entscheiden und somit warteten zwei heiße Partien gegen Bröndby auf uns. Bereits 2009 traf Hertha in der Europa League Quali auf Bröndby IF und damals gab es zwei intensive Duelle mit den blau-gelben Anhängern aus Dänemark, im und auch vor dem Stadion. Das erste Spiel fand in Berlin statt, wobei Hertha schon weit vor der Auslosung der Begegnung den Friedrich-Ludwig-Jahnsportpark als Spielort für diese Qualifikations-Runde reservierte.

Am Spieltag selber sammelten sich dann ca. 200 Ultras plus Umfeld im benachbarten Wedding und zogen gemeinsam in Richtung Jahnsportpark. Dass die Dänen mit einem beachtlichen Haufen in Berlin aufkreuzen werden war bekannt, doch auch dank eines massiven Polizeiaufgebots kreuzten sich die Wege der beiden Mobs nicht. Die Gäste wurden vom Alexanderplatz bis zum Gästeeingang in einem riesigen Kessel der Bullen durch das komplette Zentrum Ost-Berlins geführt. Im Stadion gab es dann auf beiden Seiten Pyrotechnik in Massen und eine ausgelassene Europapokal-Stimmung, wobei wir am Ende nicht vollends zufrieden waren. Noch besser wäre die Stimmung wahrscheinlich bei einem klareren Sieg ausgefallen, doch somit waren wir mit einem 1:0 Heimsieg ganz zufrieden und musste uns am Abend nur noch mit nervigen Polizeikontrollen rumplagen.

Die Anreise zum Rückspiel in Dänemark gestaltete sich ohne Probleme. Beim letzten Aufeinandertreffen mit Bröndby gab es an der Grenze noch einige Schwierigkeiten, doch in diesem Jahr wurden alle Busse ohne Probleme und größere Kontrollen durchgewunken. Genauso entspannt war dann auch der Tag in Kopenhagen, bevor es mit einem großen Haufen, inklusive zahlreicher Unterstützung aus Karlsruhe, Strasbourg und Malmö, zu Fuß in Richtung Bahnhof und weiter dann per Bahn nach Bröndby ging. Vom Bahnhof ging es dann nochmal ein ganzes Stück durch die Wohnviertel von Bröndby, ehe der Haufen am Stadion dann den Eingang stürmte und die völlig überforderten Ordner überrannte. Nun gab es hektisches Treiben am Spielfeldrand, denn eine Dame der UEFA drohte damit das Spiel erst gar nicht anpfeifen zu lassen. Wäre es nach dem Wunsch der UEFA gelaufen, dann hätten alle Herthaner den Block nochmal verlassen, um sich vorm Stadion gründlichst filzen zu lassen. Schnell konnte sie von Herthas Vereinsvertretern vom Gegenteil überzeugt werden. Der Support passte sich schnell dem schwachen Gekicke unserer Hertha an und nur die optische Unterstützung war an diesem Abend europapokalwürdig. So wurde zu Spielbeginn eine blau-weiße Fahnenchoreo durchgeführt und während des Spiels zweimal pyrotechnische Akzente gesetzt. Nach der Partie wurde es dann nochmal hektisch, denn alle rechneten mit einem Angriff der Bullen oder der Heimfans. Doch die Dänen zeigten nach Spielende nur noch ihre Wurfqualitäten, denn auch dieses Mal wurde – wie schon im Jahr 2009 – nach dem Spiel der Gästeparkplatz mit Steinen angegriffen. Dabei wurden mehrere Scheiben eines Busses beschädigt, die Angreifer flüchteten aber sofort vor der einschreitenden Polizei.

Nach dem bitteren Aus in der Qualifikation war bei uns dann die Luft raus, dabei hatte die Saison noch nicht mal begonnen! Der Frust über die verpasste Europa League Gruppenphase war richtig groß und gepaart mit den Querelen in Bezug auf die Führungsetage des eigenen Vereins setzte schon wieder eine gewisse Lethargie ein. Dementsprechend wenig motiviert starteten wir in die Saison und die Laune sollte nicht wirklich besser werden… Ein paar Tage später gab es auf dem Weg nach Regensburg, Hertha spielte dort in der 1. Pokalrunde, dann oben beschriebene Infos über den Fernsehauftritt des Hertha-Maskottchens. Diese Aktion ließ dann endgültig einige Geduldsfäden bei uns reißen! Nach einer intensiven und kontroversen Gesprächsrunde unter den anwesenden Ultras in einem Regensburger Biergarten, wurde sich darauf verständigt, an diesem Tag auf sämtliche Fanmaterialien zu verzichten. Nur die extra angefertigte Fahne zur Kampagne „Hertha B.S.C. – Nur echt in Blau-Weiss!“ sollte am Zaun hängen und auch im Gästeblock sollten nur Hertha-Schwenkfahnen zum Einsatz kommen. Die Unzufriedenheit mit den aktuellen Entwicklungen sollte durch ein optisches Zeichen unterstrichen werden, ohne dabei den Support einzustellen. Dieser Spagat zwischen bedingungsloser Unterstützung für unsere Hertha und dem Aufzeigen der Grenzen für die Verantwortlichen bei Hertha, gelang den mitgereisten Herthanern an diesem Tag wirklich gut und sollte uns auch im Rest der Saison noch gelingen. Das knappe 5:3 nach Elfmeterschießen blieb übrigens bis zum 33. Bundesliga-Spieltag der einzige Erfolg in unserer Mannschaft in den ungeliebten, pinken Trikots!

Der Heimspielauftakt in der Bundesliga stand natürlich ganz im Zeichen der bereits beschriebenen Kampagne „Hertha B.S.C. – Nur echt in Blau-Weiss!“ Beim Pokalspiel in Regensburg wurde aus der Not eine Tugend gemacht und spontan ein paar Lieder etwas umgestaltet, so dass das „Blau-Weiß“ im jeweiligen Gesang noch mehr in den Vordergrund rücken sollte. Was in Regensburg schon gut funktionierte, wurde beim ersten Spiel der Saison zuhause gegen Freiburg dann perfektioniert. Besonders das Einklatschen mit dem Zusatz „Blau-Weiß“ und der Gesang „Für die Farben, die wir tragen!“ kreierten eine unglaubliche Atmosphäre und hatten somit ihren Anteil am Heimsieg und dem ersten Dreier der Saison. Der nächste Heimsieg folgte auch schon im nächsten Heimspiel. Zuhause gegen Gelsenkirchen gab es die erste Choreo der Saison, wobei das Motiv ziemlich simpel gehalten und auch umgesetzt wurde. Mit Papier- und Folienzetteln wurde ein blau-weiß gestreiftes Herthatrikot in der Ostkurve ausgelegt und im Oberrang das Spruchband „Die Farben Blau-Weiss, die Trikots gestreift…“ angebracht. Nach der gelungenen Choreo startete die Ostkurve gleich stimmgewaltig ins Spiel und konnte im ersten Durchgang einen soliden Support abliefern. Das erlösende 1:0 in der zweiten Hälfte sorgte für einige Gänsehautmomente und irgendwann sprang dann auch der letzte anwesende Herthaner beim „Wer nicht hüpft, der ist ein Schalker!“ mit. Zur Feier des Tages wurden nach dem 2:0 auch noch zwei Zaunfahnen der Gäste in der Ostkurve präsentiert und vernichtet, eine davon war die bekannte Fahne des Berliner Fanclubs „Königsblau Berlin“.

Nach einer klaren Auswärtsniederlage unter den Woche bei den Bayern lautet das nächste Ziel: Frankfurt! Per WE-Ticket ging es für die Ultragruppen und den Kern der Auswärtsfahrer nach Hessen, wobei eine defekte Lok kurz vor Frankfurt für eine ordentliche Verzögerung sorgte. Schon vor dem Spiel gab es einen Angriff der Frankfurter auf eine mit Herthanern besetzte S-Bahn zwischen Frankfurt Hauptbahnhof und Haltestelle Stadion. Dabei erwischte es offensichtlich einige ICE-Fahrer, die schon vor dem Ultramob auf dem Weg in Richtung Waldstadion waren. Rund 1.500 Herthaner sahen ihre Mannschaft dann in pinken Trikots auflaufen, weshalb heute wieder auf sämtliche Fanmaterialen verzichtet wurde. Vorne am Zaun wurde nur die große Fahne zur Kampagne „Hertha B.S.C. – Nur echt in Blau-Weiss!“ angebracht. Trotz der wirklich unterhaltsamen Partie auf dem Rasen (Endstand 3:3), gab es heute kaum Höhepunkte im Gästeblock zu verzeichnen, lediglich bei Pöbeleien gegen Frankfurt wurde es zwischenzeitlich lauter. Auf dem Heimweg gab es dann keine weiteren Vorkommnisse.

Die nächsten interessanten Wochen warteten dann im Oktober auf uns. Ende des Monats ging es unter der Woche nach Hamburg, wo in der 2. Runde des Pokals der FC St. Pauli Gastgeber war. Traditionell herrscht kein gutes Verhältnis zwischen unserer Fanszene und dem Gegenüber aus Hamburg, wobei die Heimfans spätestens seit einem Angriff auf die Kneipe „Jolly Roger“ vor einigen Jahren, kein Bock mehr auf Herthaner haben. Diese Abneigung bekamen auch mehrere Kleingruppen rund um das Spiel zu spüren, denn es krachte an diversen Ecken und Enden. Die unorganisierten Gruppen aus Herthas Fanszene zogen dabei oftmals den Kürzeren und eine kleine Zaunfahne eines Fanclubs aus dem Umland landete noch in den Händen der Hausherren. Der mit etwa 3.500 Herthanern ausverkaufte Gästeblock, läutete das Spiel mit einer ansehnlichen Pyroaktion aus weißen Fackeln und Blinkern ein. Auch die beiden Tore wurden pyrotechnisch untermalt. In puncto Stimmung war das Ganze an diesem Abend in Ordnung, man merkte jedoch, dass ein Großteil der Leute eher selten bei Auswärtsspielen anzutreffen ist.

Ein paar Tage später stand dann ein langes Wochenende auf dem Plan einiger Hertha Ultras. Bereits in der Nacht von Freitag auf Samstag reisten zwei 9er unserer Gruppe ins Elsass, um den RC Strasbourg auswärts in Sochaux zu unterstützen. Aus aktuellem Anlass begann die Reise ziemlich früh, denn am Morgen waren wir mit der aktuellen Führungsriege der Ultra Boys zum Frühstück verabredet. Dabei war der Grund für dieses gemeinsame Frühstück nicht besonders erfreulich, denn nach langem Hin und Her in den eigenen Reihen, hatte sich unsere Gruppe entschieden die offizielle Freundschaft zwischen den beiden Ultragruppen zu beenden. Die teilweise gravierenden Unterschiede unserer beiden Gruppen wurden in den letzten Jahren immer deutlicher. Hinzu kommen die viel diskutierten Materialverluste der Franzosen bei Besuchen in Deutschland, teilweise auch die Sprachbarriere und das fehlende Interesse der jüngeren Ultrageneration bei Hertha. Natürlich müssen sich an dieser Stelle auch die Älteren von uns an die eigene Nase fassen, denn offensichtlich ist es uns nicht gelungen diese Freundschaft so mit Leben zu füllen, dass sie sich auch auf die nachfolgenden Generationen überträgt. Auf der anderen Seiten lernen wir aus solchen Erfahrungen, dass Freundschaften mit ausländischen Gruppen auf einer ganz anderen Ebene stattfinden als unsere Freundschaft mit den Karlsruhern. Die Faktoren Kommunikation und Gedankenaustausch sind bei solchen Verbindungen leider nur sehr eingeschränkt möglich und führen an vielen Stellen zu Missverständnissen. Trotzdem bleiben wir auch ohne eigene Fahne bei unseren Besuchen im Elsass mit den Ultras aus Strasbourg in Freundschaft verbunden und auch die anderen Gruppen der Hertha pflegen weiterhin Kontakte zu den Jungs aus Strasbourg.

Nach diesen emotionalen Momenten ging es für uns, zusammen mit den Ultra Boys, per Autos und 9ern nach Sochaux. In der Innenstadt wurde eine Kneipe belagert, ehe es später dann auf Umwegen in Richtung Stadion ging. Dort gab es dann einen versuchten Angriff der Einheimischen, den die Bullen aber mit jeder Menge Tränengas und Gummischrot abwehrten, ehe die Strasbourgeois im Stadion eine ordentliche Sause beim 2:1 Auswärtssieg mit rund 3.000 Gästen feierten. Nach dem Spiel in Frankreich machten wir uns dann weiter auf den Weg nach Karlsruhe, wo am nächsten Tag das große Derby Karlsruher SC – VfB Stuttgart auf dem Plan stand. Nach einer kurzen, aber ereignislosen Nacht ging es für uns noch ins Wildparkstadion, welches wir aber gleich nach Beginn der Partie um 13:30 Uhr wieder verlassen mussten. Denn um 15:30 Uhr war für uns schon Anpfiff bei unserer Hertha in Sinsheim, so dass ein Haufen von etwa 60 Herthanern unter staunenden Blicken der normalen Zuschauer das Wildparkstadion verließ und per Polizeieskorte aus Karlsruhe begleitet wurde. Ein ziemlich komisches Gefühl… Standesgemäß beendete unsere Hertha das Wochenende mit einer 1:0 Auswärtsniederlage!

Das zweite, brisante Heimspiel der Hinrunde stand dann im November gegen Mönchengladbach an. Spätestens seit der Freundschaft mit den Ultras vom 1. FC Union sind die Borussen bei uns gar nicht gerne gesehen und auch an diesem Spieltag war mit Unterstützung aus Köpenick zu rechnen. Vor dem Spiel waren deshalb kleinere Gruppen rund um das Stadion unterwegs, doch es wurde nur ein Ultra von Union erwischt. Ansonsten blieb es an diesem Tag ruhig, was man zur Atmosphäre während des Spiels allerdings nicht sagen kann. Die Ostkurve konnte heute auf allen Ebenen überzeugen. Pünktlich zur 19. Minuten und somit auch pünktlich zum Jubel über das 1:0, erblickten einige Utensilien der Gladbacher Fanszene das Flutlicht des Olympiastadions. Neben zwei Fahnen der Berliner Mönchengladbach-Fanclubs, wurden jede Menge „Nordkurve“-Schals gezeigt und brachten den Gästeblock endgültig zum Schweigen.

Das nächste Heimspiel mit viel Aufregung stand dann gegen Mainz an, allerdings nicht weil man mit den Gästen eine besondere Rivalität pflegt. Zwei Themen beherrschten an diesem Samstag das Geschehen in der Ostkurve. Einerseits wurde im Rahmen der Kampagne „Hertha B.S.C. – Nur echt in Blau-Weiss!“ ein weiteres Mal die Farbe Orange in den Fokus gerückt, da die Öffentlichkeit die Kampagne oft nur auf das pinke Ausweichtrikot bezieht und dabei völlig vergisst, dass die gesamte Mannschaft bzw. der Betreuerstab vor, während und nach dem Spiel mittlerweile rumläuft, wie die Müllabfuhr. Das zweite Thema, was die Fanszene an diesem Abend bewegte, war die Diskussion um einen geplanten Stadionneubau in Brandenburg. Diese zog einen wahren Spruchbandmarathon nach sich: „Heute Berliner Start Up, morgen Brandenburger Platte – Hallo Identitätskrise!“, „Bevor ihr Hertha ins Umland verschleppt, jagen wir euch in die Wüste!“ und „Aus Berlin – für Berlin? In Brandenburg – ohne uns!“ wurden präsentiert. Nebenbei gewann Hertha das Heimspiel mit 2:1 und feierte somit im sechsten Heimspiel der Saison den sechsten Sieg!

Nach einer emotionalen Achterbahnfahrt in Wolfsburg, gepaart mit einem völlig freidrehenden Gästeblock und dem Siegtreffer durch einen Elfer in der 90. Minute, folgte wieder ein langes Wochenende für die Ultragruppen bei Hertha. Am Freitag ging es mit einem großen Bus nach Dresden um den KSC bei der Jagd nach Punkten gegen den Abstieg zu unterstützen. Dabei kam es während des Spiels zu einem heftigen Schlagabtausch mit Ordnern und Bullen, wobei auch ein Berliner verhaftet wurde. Die Heimfahrt aus Sachsen gestaltete sich dann etwas schwierig, denn ein Teil der Karlsruher Busse wurde noch stundenlang im Gästekäfig des Dresdner Stadions festgehalten. Einer dieser Busse unterstütze uns dann am Samstag beim Heimspiel gegen Bremen. Leider mussten die Karlsruher unsere erste Heimniederlage in der aktuellen Saison und eine miserable Stimmung in der Ostkurve live miterleben.

Eine Woche vor Weihnachten stand dann das Auswärtsspiel gegen Leipzig an. Selten gab es vorher ein Spiel, welches schon so lange im Voraus für Gesprächs- und Diskussionsstoff sorgte. Erstaunlicherweise waren sich alle Ultragruppen und auch die anderen aktiven Fangruppen einig, dass Herthas Fanszene nach Leipzig reisen wird. Doch das was wir in Leipzig und vorher im Umfeld unseres eigenen Vereins erlebten, jagte einen weiteren Keil zwischen das „Unternehmen Hertha B.S.C.“ und die Fanszene der Alten Dame. Neben dem Ausscheiden gegen Bröndby, war die 0:2 Auswärtsniederlage in Leipzig mit Sicherheit die bitterste Niederlage in der aktuellen Saison. Gegen dieses Fußballprodukt hätte jeder Herthaner deutlich mehr Biss und Kampf erwartet! Und auch die gleichgültigen Reaktionen nach der Niederlage lassen leider erkennen, dass das Konstrukt RB Leipzig für die Verantwortlichen bei Hertha ein ganz normaler Bundesligaverein ist. Abgerundet wurde das negative Gesamtbild unserer Hertha durch den Auftritt der Mannschaft in den pinken Ausweichtrikots. Dabei hatten sich insgesamt rund 4.500 motivierte Herthaner im Leipziger Zentralstadion eingefunden. Ober- und Unterrang des Gästeblocks hüllten sich über neunzig Minuten in blaue und weiße Folienponchos, dazu hingen zwei große Transparent mit der Aufschrift „Hertha – Nur echt in Blau-Weiss!“ und „Seit 1892“ vor den Blöcken. Auf die Gruppen-Zaunfahnen wurde wieder verzichtet. Der Auftritt der Mitgereisten war phasenweise ganz passabel, vor allem zum Ende des Spiels aber nicht mehr sehr euphorisch, dafür war die Enttäuschung über die deutliche Niederlage einfach zu groß. Einige Spruchbänder schafften es an diesem Tag, an den Kontrollen vorbei, ins Stadion: „Und dafür seid ihr 1989 auf die Straße gegangen?“, „Unsere Anerkennung bekommt ihr nie! In Leipzig nur Lok und Chemie!“, und „Unsere Werte interessieren euch einen Scheiss! Fussball ohne Red Bull, Hertha in Blau-Weiss!“ Ein weiteres Spruchband richtete sich gegen den Sportdirektor von RB Leipzig, der sich immer wieder negativ in Bezug auf Vereinsstrukturen im deutschen Profifußball und das Mitspracherecht von Mitgliedern und Fans äußerte: „Ey Ralf, wir warten sehnlichst auf deinen nächsten Burnout!“ Dieses Spruchband sorgte im Nachgang für ordentlichen Wirbel in der Presse und auch in den eigenen Reihen gab es Kritik in Bezug auf den Zusammenhang mit der Krankheit Burnout.

Das Heimspiel gegen Darmstadt stand leider unter keinem guten Stern. Der Terroranschlag vom Breitscheidplatz bestimmte nicht nur die Medien und Gespräche innerhalb der Stadt, sondern auch diesen letzten Heimspieltag im Jahr 2016, kurz vor dem Weihnachtsfest. Beide Mannschaften fanden sich zu Beginn der Partie zu einer Gedenkminute am Mittelkreis ein und trugen jeweils Trauerflor. Und auch die Gäste bekundeten ihre Solidarität mit einem „Bleib stark, Berlin!“ im Block. Die rund 30.000 Zuschauer im Stadion nutzten die Lichter ihrer Mobiltelefone und erzeugten in Kombination mit der Stille in diesem riesigen Stadion eine eindrucksvolle Atmosphäre während der Schweigeminute. Die Unterstützung in der Ostkurve litt natürlich unter den Umständen des Terroranschlags. Einer emotionalen Rede, von einem der Vorsänger, folgte zu Beginn der Schweigeminute das Spruchband „Berlin bleibt stark!“ Auf weitere Spruchbänder wurde an diesem Abend ganz bewusst verzichtet. Trotzdem wurde versucht, bestmöglich die Mannschaft zu unterstützen.

Sportlich betrachtet war die Hinrunde überraschen gut, besonders die Heimstärke sicherte unserer Hertha eine Menge Punkte. Lediglich gegen Bremen gab es eine Heimniederlage, alle anderen Duelle wurden gewonnen und auch im Pokal sind wir durch den knappen Elfer-Sieg in Regensburg und den klaren Triumph in Hamburg gegen St. Pauli auch im Jahr 2017 noch vertreten. Lediglich der Saisonbeginn mit dem bitteren Aus in Qualifikation zur Europa League stieß uns ziemlich bitter auf und lag anfangs noch wie ein Schleier über den Gemütern vieler Herthaner.

Rückrunde 2016/2017
Der Rückrundenauftakt war eigentlich das letzte Spiel der Hinrunde, also der 17. Bundesligaspieltag. An einem Sonntag ging es für uns nach Leverkusen, wobei die Punkte aber leider im Rheinland blieben. Das nächste Spiel war dann wieder auswärts, doch dieses Mal ging es noch ein paar Kilometer weiter bis nach Freiburg. Auch dieses Auswärtsspiel wurde natürlich wieder auf einen Sonntag gelegt, wobei dieser Termin die meisten Herthaner weniger juckte als so manch anderes Spiel auf einen Sonntag. Der Grund war relativ simpel, denn für Samstagabend war die „40 Jahre Hertha & der KSC“ – Party in Karlsruhe geplant. Rund 300 Berliner folgten der Einladung und verbrachten die Nacht vor dem Freiburg-Spiel gemeinsam mit vielen Freunden in Karlsruhe. Es wurde ein unvergesslicher Abend, bei dem selbst Zeitzeugen aus der Entstehungszeit dieses Bündnisses mitfeierten. Am nächsten Tag waren natürlich viele müde Gesichter im Gästebereich von Freiburg auszumachen, trotzdem war die Stimmung gemessen an den Umständen, noch im Bereich des Akzeptablen. Was fehlte, war der nicht vorhandene Funke, der vom Spielfeld auf die Ränge hätte überspringen können. Zwei Auswärtsspiele in 2017, zwei Niederlagen und leider sollten diese beiden Miseren der Auftakt einer negativen Auswärtsserie werden.

Die nächste Pleite in der Ferne gab es anschließend im Pokal-Achtelfinale in Dortmund, wo sich unsere Hertha wenigstens noch ins Elfmeterschießen kämpfen konnte. Hier war dann aber Schluss und der Traum vom Finale im eigenen Stadion hat sich damit auch in diesem Jahr wieder in Luft aufgelöst. Schon vier Tage später machte sich Herthas Auswärtshaufen wieder auf den Weg in den Ruhrpott und erneut ging unsere Hertha als Verlierer vom Platz. Gegen Gelsenkirchen setzte es eine klare 0:2 Niederlage. Herthas Ultragruppen plus Umfeld reisten mit Bussen in den Pott und verbrachten vor dem Spiel ein paar Stunden im Bochumer Partyviertel „Bermudadreieck“. Dort blieb man aber nicht lange unentdeckt und war sich ab dort der Aufmerksamkeit der Polizei sicher. Diese organisierte Shuttlebusse bis vor die Arena in Gelsenkirchen, wo es auf dem Gästeparkplatz noch zu einem harten Polizeieinsatz kam, im Zuge dessen Einzelne ihre Personalien abgeben mussten.

Beim Heimspiel gegen die Bayern rechnete eigentlich jeder Zuschauer mit einer klaren Niederlage, doch es kam an diesem Samstag ganz anders als erwartet. Von Anfang an fightete Hertha um jeden Meter und setzte den Bayern ordentlich zu. Richtige Ekstase gab es dann nach knapp zwanzig Minuten, als Ibisevic zum 1:0 verwandeln konnte. Nun tobte das Olympiastadion und der eh schon gute Support konnte noch weiter gesteigert werden. Die größte Partybremse an diesem Tag war allerdings der Schiri, denn der ließ mal eben sieben Minuten nachspielen, bis die Bayern endlich den Ausgleich geschafft hatten!

Eine Woche später stand dann schon das nächste Heimspiel an, wobei es dieses Mal gegen die Eintracht aus Frankfurt ging. In den letzten Jahren war in Berlin immer was los, weil die Frankfurter entweder schon am Vorabend anreisten oder auch mal die Nacht nach dem Spiel in Berlin blieben. Deshalb waren wir auf fast alles vorbereitet und somit sammelten sich am Freitagabend in verschiedenen Ecken der Stadt die Herthaner um nach frühzeitig angereisten Gästen Ausschau zu halten. Bis in die Nacht wurden aber keine Frankfurter entdeckt. Gegen Mittag traf sich der Großteil der Ultragruppen zusammen mit dem Umfeld dann an einem Treffpunkt der Ultras in Moabit, wo in der Nähe kurz darauf eine große Gruppe von Frankfurtern entdeckt wurde. Herthas Haufen machte sich bereit und ging die Straße runter auf die Frankfurter zu. Die Hessen mussten anfangs wegen fliegender Gegenstände etwas weichen, ehe es an einigen Stellen auf der Straße zu heftigen Auseinandersetzungen kam. Wir möchten allerdings anmerken, dass die Wurfgegenstände eine Konsequenz aus den letzten Zusammentreffen mit Frankfurter Ultras sind und deren Einsatz sonst nicht unserer Einstellung entspricht. Beim Schlagabtausch wurde ein Berliner verletzt und später ins Krankenhaus eingeliefert. Nach dem Eintreffen der Bullen versuchten die Leute zu flüchten, trotzdem gelang es der Polizei fast 100 Personen fest zu nehmen. Der Großteil davon waren Frankfurter, die nicht mehr ins Stadion gelassen wurden. Auch die knapp 30 Herthaner blieben bis nach Spielende ins Gewahrsam. Für unsere Fanszene ein gebrauchter Tag, auch trotz eines klaren Sieges unserer Hertha, da wir Frankfurt auf der Straße leider wenig Paroli bieten konnten und am Ende einer unserer Jungs im Krankenhaus landete.

Grund zur Freude gab es dann spätestens wieder beim Heimspiel gegen Dortmund, welches nach einer tollen Leistung der Mannschaft verdient mit 2:1 gewonnen wurde. Die Ostkurve zeigte sich an diesem Tag wieder von der besseren Seite und konnte fast das gesamte Potenzial abrufen. Unterstützung gab es bei diesem Spiel wieder durch einige Brüder aus Karlsruhe, die am Vorabend noch in Aue waren und dort ebenfalls zahlreiche Unterstützung aus Berlin erhielten. Doch Hertha wäre nicht Hertha, wenn nach einem Gipfel der Freude nicht auch wieder ein Tal der Tränen folgen würde. In Köln lief Hertha erneut in pinken Trikots auf und erneut gab es eine Niederlage. Danach folgte eine Heimniederlage gegen Hoffenheim ehe es unter der Woche an einem Mittwochabend nach Mönchengladbach ging. Auch im Nachgang bleibt dieses Spiel in Erinnerung, denn leider konnte zu dieser Partie lediglich ein Bus der drei Ultragruppen organisiert werden. Trotz langfristiger Terminierung ließen sich kaum Leute motivieren und insgesamt standen auf dem Gästeparkplatz nur zwei Busse plus einige Autos und 9er aus Berlin. Sicherlich ein Tiefpunkt in der jüngeren Geschichte der Ultras bei Hertha. Umso motivierter war dafür der Haufen der Herthaner, der anwesend war. Von Beginn an hatten wir keine Probleme mit unserem kleinen Mob gegen die schwache Heimkurve anzusingen.

Die Achterbahn der Gefühle ging weiter, einem Heimsieg gegen Augsburg folgte eine Auswärtsniederlage in Mainz. Das nächste Heimspiel gegen Wolfsburg wurde dann wieder gewonnen, doch der Sieg würde es nicht in die Geschichtsbücher der Ostkurve schaffen, wenn da nicht dieser eine Moment irgendwann um die 70. Spielminute herum gewesen wäre. Da der Karlsruher SC erst am Sonntag in Sandhausen antreten musste, hatten sich drei Freunde aus Karlsruhe auf den Weg nach Berlin gemacht. Als Anerkennung für die weite Reise und aus Respekt vor dieser großartigen Freundschaft wurde sich also bei unseren Brüdern bedankt und ein lautes „Gute Freunde kann niemand trennen!“ angestimmt. Dieses Lied wurde immer lauter, Karlsruher wurden durch den Block gehoben und irgendwann wurde der Song dann im Wechsel gesungen. Zuerst die drei Karlsruher, im Anschluss die gesamte Ostkurve! Die Umtriebigkeiten des Hertha-Vorstands waren auch heute wieder Thema in der Ostkurve. Zum einen ist da die teure Marketingkampagne, die zu mindestens in Zuschauerzahlen gemessen, ein totaler Flop ist. Zum anderen wurden vor einigen Tagen die Pläne zu einem Stadionneubau, mit eventuellem Standort in Ludwigsfelde (Brandenburg), veröffentlicht. Unsere Meinung zu diese Entwicklungen wurde mit dem Spruchband „Marketing auf Amateurniveau! Neubau in Ludwigsfelde? Ihr zerstört mehr, als ihr jemals aufbaut!“ kund getan.

Die Motivation der Auswärtsfahrer war dank der Auswärtsniederlagenserie kaum noch vorhanden, in der Rückrunde wurden alle acht Auswärtsspiele verloren. Damit stellte die Mannschaft einen alten Negativrekord ein. Mit einer Niederlage bei Werder Bremen wäre es mit neun Niederlagen in Folge ein neuer Rekord gewesen und natürlich wurde dieser Negativrekord von Hertha geknackt! Zum Glück wurde im Vorfeld schon langfristig eine alternative Anreise nach Bremen geplant und um etwas Abwechslung in den teilweise tristen Auswärtsalltag in der Bundesliga zu bekommen, sollten die letzten vierzig Kilometer per Schiff zurückgelegt werden. Ab Verden ging es für rund 200 Herthaner bis direkt zur Anlegestelle Weserstadion, was an diesem Tag leider das einzige Highlight bleiben sollte.

Das vorletzte Heimspiel der Saison gegen Leipzig wurde leider, wie auch schon das Auswärtsspiel in Sachsen, deutlich verloren. Über die gesamte Spielzeit hatte Hertha nicht den Hauch einer Chance und auch auf den Rängen lief leider nicht alles optimal. Dabei hatte die Ostkurve sich an diesem Samstag einiges vorgenommen! Hauptkritikpunkt an diesem Tag bleibt die äußerst schwache gesangliche Leistung der Ostkurve, es war über weite Strecken des Spiels unwürdig wie wir uns präsentierten. Wenigstens optisch konnte an diesem Tag gepunktet werden, beginnend mit einer Choreografie zu Spielbeginn. Eingerahmt von schwarzen Zetteln wurde mehrere Spruchbänder unter dem Motto „Der Fehler liegt im System“ gezeigt. Anschließend verschwanden die Spruchbänder und eine große Blockfahne mit den Konterfeis von Blatter, Platini, Mateschitz, Hopp und Beckenbauer – alle zusammen gerahmt von fliegenden Banknoten – wurde aufgezogen. Dazu wurde das Spruchband „Die wahren Totengräber des Fussballs“ gezeigt. Alle abgebildeten Personen stehen mit ihrem Handeln sinnbildlich für den Wandel des Fußballs, in eine für uns inakzeptable Richtung. Auch der Gästeblock wurde mit einer kleinen, geschmuggelten Blockfahne ausgestattet. Auf dieser prangte der Schriftzug „In Leipzig nur LOK und Chemie!“, welcher zeitgleich auf einem Spruchband in der Ostkurve zu sehen war.

Die traditionelle Saisonabschlussfahrt führt uns seit Jahren schon in den Süden und idealerweise passt es auch immer mit einem Besuch beim KSC. Dieses Jahr ging es per ICE nach Darmstadt, wo der einzige Auswärtssieg der Rückrunde erspielt wurde. Nachdem wir nach dem Spiel im Block noch ausgiebig die Freundschaft gefeiert hatten, ging es dann für rund 120 Herthaner zusammen mit den 60 angereisten Karlsruhern nach Baden. Im heimischen Wildparkstadion traf am Sonntag der KSC auf Dresden. Dank DFB-Strafe verbrachte der Großteil der Herthaner das Spiel, zusammen mit den ausgesperrten Karlsruhern, hinter der geschlossenen Gegengerade.

Der letzte Spieltag wurde spontan noch mit einem Marsch vom Theodor-Heuss-Platz abgerundet. Unter lauten Gesängen und mit einer großen Menge Pyro wurde sich auf das letzte Heimspiel der Saison und auf den erhofften Einzug nach Europa eingestimmt. Auch heute war wieder ein ganzer Bus aus Karlsruhe vor Ort um unsere Hertha zu unterstützen, doch auch dieses Mal sahen unsere Gäste eine völlig überforderte Heimelf auf dem Rasen. Natürlich konnte sich unsere Mannschaft in diesem entscheidenden Spiel nicht durchsetzen und am Ende landete Hertha trotz der Niederlage doch noch auf dem sechsten Tabellenplatz. Das Hauptaugenmerk der Fanszene lag heute ganz klar auf der Aktion „Spendet Becher – Rettet Leben!“, bei der wieder eine unglaubliche Spendensumme erreicht werden konnte. Etwa 15.000 Pfandbecher wurden rund um dieses Heimspiel gesammelt, hinzu kamen tausende Euro an Geldspenden. In diesem Jahr wurde mit der Sammelaktion der „KINDerLEBEN – Verein zur Förderung der Klinik für krebskranke Kinder e.V. Berlin“ und deren anstehende Projekte unterstützt. Nach dem Spiel gab es dann ein großes Saisonabschlussgrillen mit mehreren hundert Leuten am Olympiastadion, ehe es mit unseren Karlsruher Freunden noch weiter auf eine Party ging. Am nächsten Morgen machte sich dann ein Bus mit Herthanern, zusammen mit dem Bus aus Karlsruhe, auf den Weg zum letzten Spiel des KSC in der 2. Bundesliga nach Braunschweig.

Am Ende schleppte sich Hertha dank einer herausragenden Hinrunde und mit Hilfe von schwachen und unbeständigen Leistungen der Konkurrenz auf den sechsten Tabellenplatz. Normalerweise hätten wir mit dieser Platzierung also wieder in der ungeliebten Qualifikation zu Europa League starten müssen. Doch dank Dortmunder Schützenhilfe im DFB-Pokalfinale starten wir in der neuen Saison direkt in der Gruppenphase der Europa League und umgehen somit ein eventuelles Desaster wie in diesem Jahr gegen Bröndby.

Der Streit zwischen Vereinsführung und Fanszene spitzt sich weiter zu! Fast die ganze Energie und Arbeit unserer Gruppe floss in diesem Jahr in die Kampagne „Hertha B.S.C. – Nur echt in Blau-Weiss!“, weshalb andere Dinge vernachlässigt wurden. Dafür wurde zum Beispiel bei jedem Heimspiel mindestens ein Spruchband zur Thematik gezeigt. Doch damit nicht genug, denn spätestens seit dem Winter dürfen wir uns jetzt auch noch mit der Frage herumquälen, ob unser Verein in Zukunft seine Heimspiele außerhalb von Berlin austragen wird?! Auf Herthas Mitgliederversammlung wurde deshalb ein Antrag gestellt, der den Verein dazu verpflichten soll, Berlin als Spielort für sämtliche Mannschaften von Hertha fest in der Satzung zu verankern. Nach langer Diskussion zwischen Podium und Saal wurde der Antrag nicht zur Abstimmung gestellt, allerdings gab es von einer absoluten Mehrheit der Mitglieder eine Empfehlung an den Vorstand diesem Antrag zu folgen. Nun soll es zu diesem Thema eine Mitgliederbefragung geben. Nicht nur in diesem Punkt zeigte sich, wie weit Fans und Offizielle bei Hertha aktuell voneinander entfernt sind. Auch in Bezug auf das in der Sommerpause bevorstehende 125-jährige Vereinsjubiläum gehen die Vorstellungen weit auseinander. Während von offizieller Seite ein Bankett für die Prominenz geplant ist, feiert die Fanszene mit mehreren hundert Teilnehmer eine große Party, zu der jeder Herthaner eingeladen ist. Unser Wunsch zu diesem Anlass war eine intensive Zusammenarbeit mit dem Verein, doch nun wird Herthas Fanszene das Jubiläum leider unter sich feiern.

Wir sind so wie wir sind, das Berliner Sorgenkind!