Auch für die bei ProFans angeschlossenen Gruppen ging mit 2015 ein ereignisreiches Jahr zu Ende. Ein Jahr, gekennzeichnet durch unerfreuliche Ereignisse wie Fanutensilienverbote, Regressforderungen, fanfeindliche Anstoßzeiten und durch das Verlassen der Dialogstrukturen beim DFB. Lichtblicke im Sinne der aktiven Fans wurden, wenn überhaupt, zumeist lediglich auf lokaler Ebene erreicht.
Mit der Verleihung des Spielansetzungsmonsters SAM weist das Fanbündnis seit der Saison 2014/15 auf die Missstände bei den Spielansetzungen hin. „Durch einen immer weiter zerstückelten Spieltag und die unsäglichen Freitags- bzw. Montagsspiele wird es vielen Auswärts- und Heimfans immer schwieriger die Spiele ihrer Mannschaft zu besuchen“, fasst ProFans-Sprecher Jonas Negenborn zusammen. Eine Mischung aus kommerziellen Interessen und teilweise nicht nachvollziehbaren polizeilichen Auflagen führten zu untragbaren Ansetzungen auch in der Hinrunde 2015, an deren Ende die Fanszene des Hamburger Sportvereins als Gewinnerin des SAM gekürt werden musste.
Einziger kleiner Lichtblick bleibt hierbei, dass die DFL an ihrer Linie einer relativ frühen Terminierung festhält. „Dieser Umstand gibt den Fans schon mehr Planungssicherheit“, räumt Jonas Negenborn ein. „Nichtsdestotrotz führen die Fankurven hier eine Abwehrschlacht und es werden immer neue Spieltermine diskutiert.“ Zuletzt führte u.a. die Ansetzung der ersten Runde im DFB-Pokal zu einer Welle des Protestes in den Fankurven. ProFans weist mit Nachdruck darauf hin, dass aufgrund der fanfeindlichen Terminierungen selbst bei den Branchengrößen der Kartenvorverkauf teilweise immer schwerfälliger läuft.
Die Konfrontation mit Regressforderungen in existenzbedrohender Höhe, die lediglich auf einem fiktiven, künstlich geschaffenen und nicht wirklich entstandenen „Schaden“ beruhen, sehen viele Fans, aber auch Juristen, als herbes Unrecht. In einer gemeinsamen Stellungnahme mit der AG Fananwälte forderte ProFans die Rücknahme des 9-Punkte-Papiers, das maßgeblich vom DFB-Vizepräsidenten Rainer Koch verantwortet wurde. In den folgenden Gesprächen unterstrich der DFB noch einmal seine Vorstellungen von Dialog, die leider nur vorsehen, seine eigenen Ansichten zu artikulieren und keine Gegenmeinung anzunehmen. Letzte Urteile aus Hannover und Köln weisen aber darauf hin, dass die Rechtslage, entgegen der Behauptung des DFB, nicht ganz so eindeutig im Sinne der Vereine ist.
Im Widerspruch zu dem am Saisonbeginn vom DFB herausgegebenen Empfehlungsschreiben setzte dessen Sportgericht auch weiterhin Fanutensilienverbote ein, was die Fanszenen als Kollektivbestrafung empfinden und daher weder mittragen, noch einsehen, sondern, vielfach erfolgreich, zu unterlaufen versuchten. Dennoch bleibt als Effekt ein Angriff auf die Selbstverantwortung der Kurven, anstatt sie zu stärken. Der Umgang mit dieser Thematik zeigt dann auch auf, warum ProFans und andere Beteiligte im Herbst 2015 die Dialogstrukturen beim DFB verließen. „Ein Dialog auf Augenhöhe ist seit Jahren mit dem DFB nicht möglich“, so ProFans-Sprecher Alex Schulz. „Es wurde von Fanseite viel ehrenamtliche Arbeit und Zeit investiert, aber der Verband ist in seiner Struktur unflexibel, intransparent, unzuverlässig und nicht entscheidungsfähig.“
Die kurze Zeit später aufkommenden Fragen rund um die WM-Vergabe 2006 und der Umgang mit den Vorwürfen sind aus der Sicht von ProFans stellvertretend für einen DFB, der in veralteten Strukturen und Personal verhaftet ist. Derzeit deutet nichts darauf hin, dass der DFB sich eine Struktur und Führungspersonen geben kann, die für Transparenz und saubere Verbandsarbeit stehen. Daher hält ProFans grundlegende Reformen im DFB für notwendig, die weit über das Auswechseln einiger weniger Spitzenfunktionäre hinausgeht. Kurzfristig gehört dazu eine Reform des DFB-Sportgerichts, das zur Zeit als eigene machtvolle Instanz zur weiteren Eskalation zwischen Fans und Verbänden beiträgt und das sich auf sportliche Fragen beschränken sollte.
Auch 2016 stehen für die Fans ungewisse Zeiten an. Bei der kommenden Neuausschreibung der TV-Rechte drohen weitere Verschlechterungen bei den Spielterminen. Allerdings haben die DFL und die Interessenten es selbst in der Hand, hier nun einzulenken und der deutschen Fankultur Luft zum Atmen zu geben. Gerade in Zeiten, in denen der sportliche Wettbewerb an Spannung zu wünschen übrig lässt, sind stimmungsvolle und farbenfrohe Fankurven inzwischen weitgehend zu einem Alleinstellungsmerkmal des deutschen Fußballs unter den europäischen Topligen geworden. „Mehr Geld würde den Weg der Entfremdung des Fußballs von seinen Fans nur noch manifestieren“, urteilt ProFans-Sprecher Sig Zelt. „Die Aufblähung des finanziellen Umsatzes und der Spielergehälter macht den Fußball keineswegs attraktiver; vielmehr sind es die Massen an Fans, von deren Emotionen der Fußball lebt.“
Neben den genannten kritischen Punkten sieht ProFans für das Jahr 2016 insbesondere die Infragestellung der 10 %-Regel für Gästefans als gravierendes Problem. Maßgeblich auf Veranlassung der Sicherheitsbehörden mussten die Fans in den letzten Monaten immer wieder Ticketreduzierungen hinnehmen. Wie unsachlich dabei die Forderungen und realitätsfremd die Einschätzungen der Polizei sind, zeigen die Diskussionen rund um das Revierderby. ProFans hat den Eindruck, dass sowohl Sicherheitspolitiker wie auch polizeiliche Kräfte sich auf Kosten von Fußballfans profilieren wollen und damit vom eigenen Versagen in anderen gesellschaftlichen Bereichen abzulenken versuchen. „Die Auswärtsfans sind nicht das Problem, sie sind nur die Gruppe mit der kleineren Lobby. Anstatt die Anzahl zu reduzieren und gerade die Besonnenen unter ihnen durch schikanöse Bedingungen zu vergraulen, kommt es vielmehr darauf an, Letztere zu stärken“, bringt ProFans-Sprecherin Gloria Holborn die Meinung der Fans zum Ausdruck.
Die bei ProFans organisierten Fanszenen werden weiterhin den Finger in die Wunde legen und Missstände auch im Jahr 2016 benennen und bekämpfen.
ProFans im Januar 2016