Unser Problem mit Euch:
Schwarze Kassen – Weisse Weste?

Als 2015 der „Spiegel“ erstmals davon berichtete, dass die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland, besser bekannt als das „Sommermärchen“, möglicherweise gekauft sei, war der Aufschrei groß. Der DFB verneinte dies natürlich vehement, konnte die Öffentlichkeit aber nicht auf seine Seite ziehen. Ganz im Gegenteil, der Verband verstrickte sich immer mehr selbst oder durch die Aussagen seines ehemaligen Vorsitzenden Theo Zwanzigers in Widersprüche und märchenhaft anrührende Geschichten.

Was war passiert? Im Frühjahr 2005 gab es eine Zahlung des WM-Organisationskomitees Deutschlands (OK) über 6,7 Millionen Euro, die an Robert Louis-Dreyfus gehen sollten. Dieser war bis 2001 Adidas-Chef. Als Überweisungszeck war ein „Beitrag Kulturprogramm“ der FIFA angegeben, welche auch die Abwicklung übernahm. Dreyfus ging mit dieser Summe wohl in Vorleistung und zwar 2002. Die Zahlung ging, laut Aussagen von Theo Zwanziger, an Mohamed Bin Hammam, damals Mitglied im Exekutivkomitee und bekannt als Strippenzieher im asiatischen Raum. Derselbe Hammam, welcher in Folge der Ermittlungen gegen die FIFA lebenslang für alle Ämter bei dieser gesperrt ist. Ein Mann also, mit dem selbst dieser durch und durch korrupte Verband nichts mehr zu tun haben will. Bei der Abstimmung stimmten die asiatischen Länder dann für Deutschland, welches die Abstimmung mit 12:11 gewann. Im Zuge der WM-Vergabe 2022 schrieb eben dieser Hammam dann eine Mail an Beckenbauer und bat um dessen Unterstützung, schließlich habe er geholfen, die asiatischen Stimmen für Deutschland zu sichern.

Alles Quatsch sagte Wolfgang Niersbach, mittlerweile zurückgetretener DFB-Präsident zu den damaligen Veröffentlichungen. Das Geld sei als Gegenleistung für einen FIFA Zuschuss zur WM in Höhe von 170 Millionen Euro gezahlt worden. So unwahrscheinlich diese Gegenleistung an sich bereits klingt, umso mehr Fragen wirft sie auf. Warum hat sich der DFB das Geld bei Dreyfus geliehen und nicht bei einer Bank? Oder, noch einfacher, bei sich selbst? Ein Verband, der einen Jahresumsatz in dreistelliger Millionenhöhe erwirtschaftet, eine stattliche Summe für einen gemeinnützigen Verein, hätte einen Betrag von 6,7 Millionen Euro sicher kurzzeitig auslegen können. Selbst der FIFA ist diese Geschichte zu abenteuerlich, sie widersprach der Version umgehend und Niersbach nahm seinen Hut.

Wem das nicht schon verwirrend genug ist, wird bedient. Der DFB beauftragte die Wirtschaftskanzlei „Freshfields Bruckhaus Deringer“ mit der Untersuchung der WM Vergabe. Diese kam zu dem Ergebnis, dass es keine Korruption gegeben habe. Logisch, sie kassierte für die Untersuchung auch über fünf Millionen Euro. Vom DFB natürlich. Trotzdem konnten die Top-Anwälte nicht jeden Zweifel beseitigen, sie brachten sogar neue, verwirrende Fakten ans Licht. So habe die FIFA von deutschen OK eine „Afrika-Hilfe“ von sieben Millionen Euro gefordert, möglicherweise ein Ausgleich dafür, dass Südafrika den Zuschlag erst vier Jahre später bekam. Von diesem Geld sollten laut des ehemaligen Vize-Generalsekretärs Stefan Hans Bolzplätze gebaut werden, das „habe aber wohl nicht sieben Millionen gekostet“.

Des Weiteren gab es im Juli 2000, kurz vor der WM-Vergabe, einen Vertrag zwischen Franz Beckenbauer, dem damaligen Chefbewerber und Jack Warner, dem Chef des nord- und mittelamerikanischen Verbands CONCACAF. Dieser sei auf rund 10 Millionen D-Mark dotiert gewesen. Warner gilt als einer der bestechlichsten Herren im Weltfußball und war bereits von verschiedenen WM-Kandidaten, wie beispielsweise Marokko 1998 und Südafrika 2010, nachweislich bezahlt worden. Dieser Vertrag zu dieser Zeit ist ein klarer Fall von Korruption, daran kann auch der Freshfields-Bericht nichts ändern, aber, so steht es dort, kein Beleg für einen Stimmenkauf. Eine juristische Spitzfindigkeit, die der offensichtlichen Wahrheit vorbeugen will. Denn dass dieser Vertrag keine Soloaktion von Beckenbauer war, dürfte auf der Hand liegen.

So bringt dieser Bericht kein Licht ins Dunkel, er verdunkelt nur noch mehr. Interessant ist, dass in der Öffentlichkeit dieses Thema zwar nicht mehr wirklich präsent ist, es aber so gut wie keine Stimmen gab, die es diesem Verband nicht zutrauen würden, die WM gekauft zu haben. Wir Fußballfans wissen um verschiedenste dubiose Geschichten auf Seiten der verschiedenen Verbände, seien es nun FIFA, UEFA oder eben DFB. Es kann nicht sein, dass ein angeblich gemeinnütziger Verband die gesamte Öffentlichkeit mit einer Scheinaufarbeitung an der Nase herum führt und sich gleichzeitig gegenüber Fans und Vereinen als sauberer Moralapostel aufspielt, für den ein „Fick Dich DFB!“ auf einem Spruchband oder ein Gesang unter der Gürtellinie aus dem Fußball verbannt gehören.

Aus diesem Sport, aus unserem Sport, gehören die verbannt, die ihm schaden! Und das sind, neben vielen anderen, vor allem die senilen Verantwortungsträger in Frankfurt! Es reicht nicht, die Gesichter auszutauschen, wenn das Konstrukt gleich bleibt, der Fisch stinkt vom Kopf her! Wir fordern daher eine schonungs- und lückenlose Aufklärung der Vergabe der WM 2006. Ross und Reiter müssen benannt werden und der gesamte Verband muss sich von Grund auf reformieren und sich fortan auf das konzentrieren, was seine Kernaufgabe ist: Die Organisation des Profi- und Amateurfußballs in Deutschland, denn auch dort hängt der Haussegen schief.

Text vom 10.09.2017